Valerie Fankhauser hat die Pfannen bereits in den Zügelkarton gepackt. Doch wo sie wieder auspacken wird, weiss die junge Frau noch nicht. Wenige Tage bleiben ihr noch. «Es hat keinen Platz mehr für uns.»
Fankhauser verbringt seit acht Saisons die warme Jahreszeit auf dem Berner Camping Gampelen am Neuenburgersee. Mit Partner und Hund lebt sie in einem modernen Wohnwagen, mit Vorzelt und Küchenkombination, Gartenzaun und Hundehütte. «Wir sind wie eine grosse Familie hier, alle halten zusammen», schwärmt sie.
Nun bricht die Familie auseinander, denn der Campingplatz muss im Oktober für immer seine Tore schliessen. Er liegt seit Jahren mitten in einem Naturschutzgebiet.
Zahl der Dauercampingplätze sinkt
Einen neuen Platz zu finden, ist schwierig. Das ist das Problem der Dauercamper und Saisonniers von Gampelen, die nun ihre Zelte abbrechen müssen.
Laut dem Campingverband Swisscamps haben die Schweizer Saisonplätze in den letzten zwei Jahren von 17'202 auf 17'015 abgenommen. Im gleichen Zeitraum entstanden hingegen rund 400 neue Touristenplätze.
Wieso will man die Dauercamper nicht mehr? Ganz einfach: Die touristischen Gäste rentieren für einen Campingplatz besser. «Wir verdienen zwei- bis dreimal mehr an ihnen», sagt Marcel Zysset, Präsident von Swisscamps.
Auch für die Gemeinden, welchen die Campingplätze oft gehören, sind neue Besucherinnen und Besucher attraktiver, weil sie Bergbahnen, Beizen und Badis nutzen.
Laut Zysset gibt es die Tendenz, dass Gemeinden beim Umbau eines Platzes touristisch denken und weniger «Wohnsiedlungen» haben möchten. «Bei stadtnahen Campings kann es vorkommen, dass sie in Naherholungsgebiete umgewandelt werden», so der Camping-Präsident.
Er warnt: «Der Dichtestress ist gross, die Campinglobby eher klein. Wir müssen aufpassen, dass die Campings nicht wegrationalisiert werden.»
Man hat uns das Paradies weggenommen!
Nach jahrzehntelangen politischen Querelen schliesst der Campingplatz Gampelen diesen Herbst definitiv. Fast 800 Campingplätze verschwinden.
Stammgäste wie Traugott Strasser, der mit seinem Bruder 25 Jahre auf diesem Platz verbracht hat, trifft das hart: «Für uns ist es eine furchtbare Katastrophe, viele haben geweint. Man hat uns das Paradies weggenommen!» Auch die Strasser-Brüder haben keine neue Bleibe gefunden. Ihre in die Jahre gekommenen Wohnwagen werden nach Osteuropa verkauft.
Bald wird in Gampelen wieder die Natur übernehmen. Der stillgelegte Hafen ist schon mit Seerosen überwuchert. Das Naturschutzgebiet Fanel ist ein Brutgebiet für Wasservögel von internationaler Bedeutung.
Wasservögel statt Badegäste
Strasser schaut auf den See und sagt: «Wir haben gut zum Strand geschaut, nun müssen wir weg, das ist hart.» Auch Fankhauser sieht das Problem für die Umwelt nicht: «Wir haben hier mit Fuchs und Igel gelebt und uns aneinander gewöhnt.»
Die junge Frau und ihr Partner sind weiter auf der Suche nach einem schönen Platz. Aber wo findet Fankhauser ihre neue Campingfamilie? «Wir schauen jetzt auch jenseits der Grenze, Deutschland könnte eine Option sein.»