Finanzministerin Karin Keller-Sutter wurde von der «Financial Times» zu einer der einflussreichsten Frauen des Jahres 2023 ausgezeichnet. International erhielt die Schweizer Bundesrätin viel Lob. Keller-Sutter habe eine internationale Bankenkrise verhindert. Im Inland allerdings überwog die Kritik.
Politik etwas milder gestimmt
Inzwischen aber hat die UBS die Verlustgarantie des Bundes von 9 Milliarden Franken und die Liquiditätshilfe der Nationalbank von 100 Milliarden beendet. Seit der Staat kein direktes Risiko mehr trägt, fällt die politische Wertung in der Schweiz etwas milder aus.
Keller-Sutter habe es gut gemacht vor einem Jahr, sagt Mitte-Parteipräsident Gerhard Pfister. «Die Konsequenzen für die internationale Finanzwelt wären verheerend gewesen. Insofern hatte sie vielleicht auch nicht so viele Möglichkeiten.»
Kritisch bleibt insbesondere die SP. «Wir haben mindestens so viele Fragezeichen wie vor einem Jahr», meint SP-Co-Präsident Cédric Wermuth. «Ob eine staatliche Lösung möglich gewesen wäre, ist immer noch unbeantwortet.»
Alles wartet auf den PUK-Bericht
Die CS-Krise führte zu einer Flut von Vorstössen, die eine schärfere Bankenregulierung fordern. Doch die bürgerliche Mehrheit entschied, die meisten Vorstösse aufzuschieben. Man will zuerst den Bericht der PUK abwarten.
Zum Bedauern von SP-Co-Präsident Cédric Wermuth, der rascher handeln möchte: «Es braucht auch härtere Strafen für Leute, die sich daneben benehmen», fordert Wermuth.
Mitte-Präsident Gerhard Pfister hingegen findet es richtig, dass zuerst alle Untersuchungen abgewartet werden. «Ich warne davor, vor dem Erscheinen des PUK-Berichts Regulierungen zu machen», sagt Pfister.
Stimmungslage in der Bevölkerung verändert
Die CS-Krise veränderte vor allem auch die Stimmung in der Bevölkerung, analysiert Politologe Lukas Golder von GFS Bern. Er führte vor einem Jahr eine grosse Befragung durch. «Wirtschaft und Bevölkerung haben sich weiter entfremdet», stellt Golder fest. Nach Ärger und Frust in den ersten Wochen nach der Notübernahme würde heute vor allem Resignation in der Bevölkerung vorherrschen.
Die CS-Vorgänge schadeten besonders der FDP, die bei den Wahlen im letzten Oktober Verluste einstecken musste. Für FDP-Präsident Thierry Burkart ist die CS einer der Hauptgründe für die Niederlage. «Das unverantwortliche Handeln einzelner Manager ist leider uns angelastet worden», sagt Burkart. «Wir haben aber keine solchen Manager in unseren Parteireihen.»
Auch Ja zur 13. AHV könnte eine Folge sein
Viele unter der Bundeshauskuppel sind überzeugt, dass sogar das deutliche Ja der Stimmbevölkerung zur 13. AHV-Rente eine indirekte Folge des CS-Debakels ist. Der Staat habe Milliarden in der Coronapandemie ausgegeben, meint SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi, und danach Milliardengarantien für die UBS.
«Das Gefühl für Geldbeträge ist in der Bevölkerung verloren gegangen.» Und SP-Co-Präsident Cédric Wermuth meint, die Bevölkerung lasse sich seit der CS-Krise einfach nicht mehr alles bieten und habe bei der 13. AHV ein Zeichen gesetzt.
Die CS-Krise hatte bisher kaum regulatorische Folgen. Dafür veränderte sich die Stimmung in der Bevölkerung markant.