Heute Morgen im Äther von Mali: Auf 70 Radiostationen sendet Studio Tamani. Zu hören sind Nachrichten, Polit-Debatten, Bürger sagen, was sie stört. Unterstützt mit Geld der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit, in einem unsicheren Land, wo die Korruption gross ist.
Die Menschen mitreden lassen: Darauf zielt auch ein Projekt in der Ukraine ab, wo die Schweiz den Internetzugang zur Verwaltung mit elektronischen Formularen oder Online-Petitionen stärken möchte.
Gute Regierungsführung, stabile Institutionen, gute öffentliche Dienstleistungen: Das ist die Voraussetzung für jede wirtschaftliche Entwicklung.
Bei dieser Art der Entwicklungszusammenarbeit gräbt die Schweiz nicht Brunnen in Afrika oder baut Schulen in Lateinamerika. Sie trägt bei zur «guten Regierungsführung», sagt Deza-Direktor Manuel Sager: «Gute Regierungsführung, stabile Institutionen, gute öffentliche Dienstleistungen: Das ist die Voraussetzung für jede wirtschaftliche Entwicklung.» Man könne einen Brunnen graben. Wenn er aber nicht gut gemanagt werde, gebe er bald kein Wasser mehr.
14 Prozent ihrer Gelder – über 200 Millionen Franken – steckte die Deza letztes Jahr in solche Projekte. Nun sorgen sich Hilfswerke: Behält die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit auch künftig ein starkes Standbein in fragilen Staaten, wo es nicht weit her ist mit Rechtsstaatlichkeit und guter Regierungsführung?
Hilfswerke kritisieren Cassis
Bei der Entwicklungsorganisation Helvetas zweifelt Geert van Dok. Er verweist auf den Strategiewechsel, den Aussenminister Ignazio Cassis vorgenommen habe: Im bundesrätlichen Entwicklungshilfeplan für die kommenden vier Jahre fehlt ihm die strategische Ausrichtung auf fragile Staaten.
Nur weil es schwierig zu messen ist, heisst das nicht, dass es nicht wichtig ist und wir es nicht tun sollten.
Stattdessen könnte die Schweiz ihren Fokus auf stabilere Länder verschieben, die interessanter seien für die Schweizer Wirtschaft. «Unter Aussenminister Didier Burkhalter war die Arbeit in verschiedenen Staaten sehr viel stärker akzentuiert und formuliert.» Unter Cassis' Leitung sei das EDA den Beweis schuldig geblieben, dass das Engagement weitergeführt werde.
Die Deza werde den Tatbeweis erbringen, entgegnet Deza-Direktor Sager. Der Bundesrat wird nächste Woche seinen Vierjahresplan für die Entwicklungszusammenarbeit definitiv verabschieden.
Kritik auch von rechts
SVP-Aussenpolitiker Roland Büchel wiederum findet solche Projekte zwar positiv, zweifelt aber an der Messbarkeit. Wenn die Schweiz eine Schule baue, könne sie die Wirkung genau kontrollieren. Bei der Zusammenarbeit mit Regierungen und Verwaltungen sei es aber schwer, die Resultate zu bemessen: «Es gibt ja keine Skala, mit der man erkennt, ob etwa die Bürgerfreundlichkeit besser wurde», sagt Büchel.
Das stimme, erwidert Deza-Direktor Sager: Die Wirkung eines jeden Schweizer Frankens sei bei solchen Projekten kaum genau messbar. «Aber nur weil es schwierig zu messen ist, heisst das nicht, dass es nicht wichtig ist und wir es nicht tun sollten.»
Studio Tamani als Advokatin der Bürger
Beim Radioprojekt in Mali hat die Uni Zürich die Messlatte angelegt: Das Publikum von Studio Tamani, so eine Studie von 2016, sei besser informiert über die Krise im Land.
Geweckt wurden die Hörerinnen und Hörer heute mit Stimmen von wütenden Einwohnern der Hauptstadt Bamako, die sich wegen der notorisch mangelhaften Wasserversorgung über Behördenversagen aufregten. Die Journalisten von Studio Tamani fragten auch beim lokalen Wasserversorger nach – eine konkrete Antwort haben sie nicht erhalten.
SRF 4 News, Echo der Zeit vom 04.02.2020 .