Die App CH+ will mehr junge Menschen für Politik begeistern. Für die Regierungs- und Parlamentswahlen in Basel kommt die App zum ersten richtigen Einsatz. Die Politologin Stefanie Bailer von der Universität Basel erklärt, was junge Wählerinnen und Wähler von der Urne fernhält und wo Chancen und Grenzen von digitalen Tools liegen.
SRF News: Die Jungen unter 30 Jahren beteiligen sich an Wahlen und Abstimmungen deutlich weniger als ältere Menschen. Warum?
Stefanie Bailer: Den Jungen fehlt in diesem Alter noch die Gewohnheit, wählen zu gehen. Sie sind mit anderen grossen Themen beschäftigt, wie Job- und Partnersuche. Da fehlt manchmal auch die Zeit, sich über politische Themen zu orientieren. In diesem Alter ist man auch noch nicht so umgeben von anderen Menschen, die regelmässig wählen und darüber sprechen. Diese Gewohnheit muss sich erst entwickeln.
Ist das aus Ihrer Sicht schade?
Es wäre schon wünschenswert. Wenn mehr Junge wählen, sind auch ihre Interessen besser vertreten. Stichwort Brexit: Bei diesem Referendum sind viele Junge nicht an die Urne gegangen, während viele Ältere aber für den Brexit gestimmt haben. Die Konsequenzen aber müssen die Jungen tragen.
Es gibt viele Projekte und Initiativen, um die Jungen an die Urne zu bringen. Es gibt Apps, die das auf dem elektronischen Weg versuchen. Hilft dieser Ansatz, um den Zugang zu erleichtern?
Ja, das ist auf jeden Fall geeignet. Das ist für die Jungen der Zugang. Man weiss inzwischen auch, dass mit solchen Tools das Interesse und die politische Informiertheit steigen. Und das sind zwei wichtige Faktoren. Das Spannende ist aber, jene jungen Menschen zu erwischen, die politisch gar nicht interessiert sind. Diese müsste man dazu bringen, sich mit so einem Tool auseinander zu setzen. Am besten in der Schule, dort erwischt man gleich alle auf einmal. Auch jene, die kein oder wenig politisches Interesse haben und in einem Umfeld sind, wo nicht über Politik geredet wird.
Sie haben die CH+-App getestet. Was ist Ihr Eindruck?
Sie ist gut gemacht. Die Fragen, die man beantworten muss, sind nahe an jenen Themen, die in Basel diskutiert werden. Natürlich könnte man das spielerische Element noch stärker gewichten. Aber dann entfernt man sich unter Umständen wieder von den politischen (Basler) Inhalten. Das ist ja immer ein Gegensatz. Es ist ein guter erster Schritt. Die Herausforderung bleibt immer, die Beschäftigung mit einer solchen App oder einem Spiel in ein langfristiges politisches Interesse umzuwandeln.
Das Gespräch führte Philippe Chappuis.