- Wäre im April abgestimmt worden, hätten sich 56 Prozent der befragten Stimmberechtigten für die Vorlage ausgesprochen, so das Ergebnis der 1. SRG-Umfrage zur Abstimmung vom 9. Juni, die das Forschungsinstitut GFS Bern durchgeführt hat.
- Da im Laufe von Abstimmungskampagnen oft ein Nein-Trend zu beobachten ist, könnte die Ja-Seite unter Druck geraten.
- Die zweite Vorlage zu den Gesundheitskosten, die Kostenbremse-Initiative , wird derzeit ebenfalls von einer knappen Mehrheit befürwortet.
Die Prämien-Entlastungs-Initiative verlangt, dass Versicherte höchstens zehn Prozent ihres verfügbaren Einkommens für Krankenkassenprämien ausgeben müssen. Bei Mehrausgaben sollen Bund und Kantone mit Prämienverbilligungen einspringen – der Bund zu mindestens zwei Dritteln. Bundesrat und Parlament gehen von Mehrkosten in Milliardenhöhe aus. Sie lehnen die Vorlage ab und verabschiedeten einen indirekten Gegenvorschlag zur Initiative.
33 Prozent der Befragten sprechen sich bestimmt für die Prämien-Entlastungs-Initiative aus, 26 Prozent bestimmt dagegen. 59 Prozent sind also fest entschieden – für die frühe Phase ein mittlerer bis fortgeschrittener Stand der Meinungsbildung. «Die Debatte hat bereits eine gewisse Intensität und Klarheit», meint Lukas Golder, Co-Leiter von GFS Bern.
Die Vorlage wird je nach Parteizugehörigkeit unterschiedlich beurteilt. Klar dafür sind die Anhängerinnen und Anhänger von Grünen und SP. Bei SVP, GLP und FDP sind sie wiederum mehrheitlich dagegen. Befragte mit einer Nähe zur Mitte sind gespalten, mit einer leichten Tendenz zur Nein-Seite.
Wir haben eine starke Politisierung.
Die Unterstützungsbereitschaft von links ist hoch. Die Nein-Sicht dürfte aber mehr und mehr in den Vordergrund rücken. «Wir haben eine starke Politisierung», sagt Golder.
Die Polarisierung ist auch zwischen verschiedenen Gesellschaftsgruppen zu sehen: «Je besser jemand finanziell und in Bezug auf die Bildung situiert ist, desto kritischer ist diese Person gegenüber der Vorlage», erklärt Golder. Im Gegenzug beurteilen die tiefsten und tieferen Einkommensschichten die Initiative sehr positiv. Im mittleren Einkommensbereich geniesst sie eine weniger deutliche Zustimmung.
Dagegen spielen Alter und Generation bei den Umfrageergebnissen keine gewichtige Rolle: Alle Altersgruppen beurteilen die Vorlage ähnlich positiv.
Kluft zwischen Deutschschweiz und lateinischer Schweiz
Allerdings zeichnen sich zwischen den Sprachregionen grössere Unterschiede ab: Während in der deutschsprachigen Schweiz nur 50 Prozent für die Initiative stimmen würden, sind es in der französischsprachigen Schweiz 71 Prozent und in der italienischsprachigen Schweiz 73 Prozent.
Hierbei ist laut Golder zu beachten, dass die Rolle der Kantone in der Gesundheitsversorgung und die jeweilige Situation in den Kantonen eine Relevanz haben könnten. In der Romandie sei die Vorlage quasi ein «Selbstläufer». Im nationalen Vergleich sind dort die Krankenkassenprämien in der Regel überdurchschnittlich hoch. «Die Kosten-Nutzen-Erwägung dürfte in diesen Regionen anders laufen als in der Deutschschweiz, wo die Prämien relativ gesehen tief sind und auch die Prämienentlastung weniger offensiv ausbezahlt wird.»
Auch wenn die Gesundheitsproblematik überall als wichtig angesehen wird, erwartet Golder einen Sprachgraben. Und so könnte zudem die Diskussion um das Ständemehr an Bedeutung gewinnen.