Der Apéro steht bereit, die Rektorin spricht feierliche Worte: Dann unterbrechen laute Rufe die Diplomfeier an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK). Es regnet Flugblätter mit der Parole «Long live the Student Intifada». Weil die Zwischenrufe nicht enden, greift der Sicherheitsdienst ein, führt zwei Personen aus dem Gebäude.
Schulleitung lässt Parolen an Wänden übermalen
Das war am Donnerstag letzter Woche, wie die ZHdK Recherchen von SRF bestätigt. Bereits zuvor war es im Toni-Areal wiederholt zu pro-palästinensischen Protesten gekommen. Moshe (Name geändert), ein ZHdK-Student aus Israel, sagt gegenüber SRF, er und andere jüdische Studierende fühlten nicht mehr sicher.
An eine Wand gemalt prangte im Mai die palästinensische Flagge, darunter die Worte «From the River to the Sea, Palestine will be free». Manchen gilt die Parole als Aufruf, Israel zu zerstören, andere interpretieren sie als Ruf nach Freiheit für alle.
Die Schulleitung liess Flagge und Parole übermalen, was zu einer Kontroverse führte. Kunst- und Meinungsfreiheit würden eingeschränkt, kritisieren einige Studierende, und die Urheberin zeigte sich in Social-Media-Posts in ihren Gefühlen verletzt.
Auch weitere Parolen und Darstellungen seien in den letzten Wochen übermalt worden, teilte die ZHdK-Leitung mit. Die Anzahl bewege sich im einstelligen Bereich. Weder die genaue Zahl noch die Inhalte will die Medienstelle nennen.
Der Studierendenverband an der ZHdK kritisiert die Reaktion der Schulleitung. Friedliche Proteste müssten möglich sein, sagt Co-Präsident Jonas Bernetta gegenüber SRF.
Aktionen werden in den Sozialen Medien öffentlich gemacht
Am Mittwoch vergangener Woche sollte im Toni-Areal ein «Video Essay über Zionismus» gezeigt werden. Auf einem Telegram-Kanal war das Video eines Aktivisten angekündigt, der unter Pseudonym in Sozialen Medien aktiv ist. Sein X-Konto zeigt Posts mit Schreckensbildern aus dem Gazastreifen, des in Deutschland verbotenen Samidoun-Netzwerks, oder der PFLP, die in der EU als Terrorgruppe gelistet ist.
Der Ort der Vorführung wurde kurz vor Beginn auf Telegram bekannt gegeben: Ein Raum im Toni-Areal, der zur Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) gehört. Die ZHAW schreibt, der Hausdienst habe zwei Studierende, die den Anlass durchführen wollten, gebeten, die Räumlichkeiten zu verlassen.
In der gleichen Woche: An Betonpfeilern vor dem Toni-Areal klebten Plakate, die in ihrer Gestaltung der Werbung für die Diplomausstellung entsprachen – mit einem Unterschied im Text: «Long live the Student Intifada». Die Flyer an der Störaktion der Diplomfeier zeigten das gleiche Motiv.
Die Intifada-Plakate und die Störaktion sind in Videos auf Instagram veröffentlicht worden. Eine Interviewanfrage von SRF lehnte die Gruppe ab. Ein Kollektiv, das sich als «jüdisch, antizionistisch und dekolonial» bezeichnet und die Protestaktionen an der ZHdK in Social-Media-Posts unterstützt, reagierte nicht auf Interviewanfragen. In Stellungnahmen auf Instagram bezeichnen sie die Aktionen als israelkritikisch und nicht antisemitisch.