Worum geht es? Die Schweiz braucht mehr Winterstrom. Naturschutzverbände, die Strombranche, Bund und Kantone haben sich vor vier Jahren auf Wasserkraftprojekte geeinigt, die viel Strom bringen und der Natur möglichst wenig schaden. Nun zeigt sich: Viele der 16 Projekte sind gefährdet. Gegen manche Projekte gibt es Widerstand, zum Beispiel am Gornergletscher in Zermatt. Andere sind nicht wirtschaftlich und werden deshalb verkleinert, verschoben oder verworfen. Wie im Gesetz vorgesehen, prüft Energieminister Rösti, ob andere Projekte an ihre Stelle rücken könnten. Pikanterweise geht es um Projekte, die am Runden Tisch auf Bedenken gestossen sind.
Das sind mögliche Ersatzprojekte: Drei völlig neue Staumauern und -seen im Wallis stehen auf der «Ersatzliste». Öffentlich gemacht hatte diese vor drei Jahren der «Beobachter». Hinzu kommen 13 Ausbauprojekte bei bestehenden Werken. Sie umfassen höhere Staumauern, zusätzliche Wasserfassungen oder Verbindungsstollen.
Welche Projekte wären am einschneidendsten? Bezüglich Landschaftsschutz wären Staudämme in unberührten Landschaften einschneidend. Im Unterwalliser Val d'Hérens könnte am Fusse des Ferpècle-Gletschers ein neuer Stausee entstehen. Auch beim Allalin-Gletscher im Oberwallis gibt es solche Überlegungen – ebenso in Arolla im Unterwallis. Der Kanton Wallis taxiert die Projekte am Allalin und in Arolla als «vielversprechend», die Verhältnisse am Ferpècle-Gletscher bewertet er als «ungünstig». Manche Projekte dürften Konflikte mit dem Naturschutz bringen: So weist der Kanton Graubünden im Richtplan bei fast jedem Projekt auf nötige Abklärungen zum Auenschutz hin.
Das sagen die Naturschutzverbände: Der WWF zeigt sich überrascht, dass die Ergebnisse des Runden Tisches infrage gestellt würden. Der Runde Tisch habe Wirtschaftlichkeit, Potenzial und Umweltfolgen abgewogen und Ausgleichsmassnahmen vereinbart. Dem WWF seien die Gründe für die Probleme bei den ursprünglichen Projekten und der weitere Prozess noch nicht bekannt. Deshalb sei sei ein erneuter Runder Tisch angezeigt.
Das sagt der Energieminister: Für Albert Rösti ist die Prüfung von Ersatzprojekten nötig. «Dazu sind wir gezwungen», sagte der Energieminister zu den «CH Media»-Zeitungen. Röstis Leute weisen die Kritik der Naturschutzverbände zurück: «Am Runden Tisch war immer klar, dass auch andere Projekte weiter behandelt werden sollen», schreibt das Bundesamt für Energie.
Wollen die Stromkonzerne die Ersatzprojekte überhaupt bauen? Nicht alle Projekte sind realistisch. Das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich schreibt, dass die Planungen für eine Erhöhung der Albigna-Staumauer gar nie begonnen hätten. Es fehle das Wasser. Entschlossen zeigen sich hingegen die Kraftwerke Zervreila. Das Gesuch für die Erschliessung neuer Wasserfassungen werde noch dieses Jahr eingereicht. Die grossen Konzerne halten sich mit Aussagen zu Ersatzprojekten zurück. Alpiq schreibt, man konzentriere sich auf die drei Alpiq-Projekte vom Runden Tisch. Neben Problemen beim Naturschutz dürften viele Projekte kaum wirtschaftlich sein.
So geht es weiter: Albert Rösti will dem Bundesrat Anfang 2026 Optionen vorlegen. Er muss dabei per Gesetz die Naturschutzverbände konsultieren. Am Ende entscheidet das Parlament, welche Projekte ins Gesetz aufgenommen werden damit auch von rechtlichen Erleichterungen profitieren werden.