- Ein autistischer 18-Jähriger hat sich in der Klinik der Psychiatrischen Dienste (PDAG) selbst verletzt.
- Er liess sich 2020 mehrfach rückwärts auf den Hinterkopf fallen und starb später im Spital.
- Das Aufsichtsverfahren des Kantons zeigt nun, dass es bei den PDAG Mängel gibt.
- Der Kanton hat die Klinik verwarnt.
Das Gesundheitsdepartement verwarnt die PDAG in Windisch AG im Fall eines 18-jährigen Mannes. Dieser habe sich absichtlich mit Stürzen selbst verletzt und ist später bewusstlos aufgefunden worden. Zwei Tage später starb er an einem Schädelhirntrauma.
Das externe Gutachten der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich kommt zum Schluss, dass die Aufsicht der Klinik mangelhaft gewesen sei. Die Klinikverantwortlichen hätten die Stürze bemerkt. Der Jugendliche hätte eine 1:1-Betreuung gebraucht. Zudem hätte man untersuchen sollen, wie die vielen Medikamente miteinander wirken.
Die PDAG habe an diesem Tag das Selbstgefährdungspotenzial falsch eingeschätzt oder die notwendigen Schutzmassnahmen nicht ergriffen, um die Selbstverletzungen zu verhindern. Nun hat die Klinik neun Monate Zeit, um ein Konzept vorzulegen, wie man ähnliche Patientinnen und Patienten schützen will.
Von der Entlastung zum Albtraum?
Die Situation hatte sich gemäss Medienberichten zugespitzt. «Wochenlange Isolation, viele Medikamente, kaum Therapie», titelte die NZZ am Sonntag, die den Fall 2024 aufgearbeitet hat. Als die Schweiz 2020 wegen der Corona-Pandemie in den Lockdown ging, wurde es eng für die Familie. Alle im Homeoffice, Lärm, eine Psychologin rät der Familie, den Sohn in eine Klinik zu bringen.
Zu Beginn seien die Psychiatrischen Dienste eine Entlastung für die Familie gewesen, erzählt sie im Artikel. Aber die vielen wechselnden Mitbewohner und die Medikamente hätten dem Sohn zugesetzt. Der Jugendliche entwickelte immer mehr Zwänge. Wegen Platzmangels wurde er von der Kinder- auf die Erwachsenenstation verlegt. Er habe die Klinik nicht einfach so verlassen dürfen; die Besuche seien eingeschränkt worden, sagten die Eltern in der Zeitung.
Klinik will sich in einem Fall wehren
«Der Todesfall des jungen Patienten macht uns tief betroffen», hält die Klinik schriftlich fest. Da die Staatsanwaltschaft in diesem Fall ermittle, könne die PDAG sich zum Fall des 18-Jährigen nicht äussern. Die mehr als 1800 Angestellten der PDAG seien sich aber ihrer Verantwortung gegenüber den Patientinnen und Patienten bewusst.
Auch zu einem zweiten Fall, zur Patientin mit mehreren Diagnosen, könne man keine Details preisgeben. «Schweigepflicht», sagt die Klinik. Man halte aber fest, dass dort medizinisch keine Verfehlungen festgestellt wurden. Administrativ weiche die Klinik gemäss Untersuchung der KMPG nicht markant vom Branchenstandard ab. Deshalb wolle man sich gegen den Entscheid des kantonalen Gesundheitsdepartements wehren und Beschwerde führen.
Eine Verwarnung sei eine ernsthafte Folge, heisst es beim Kanton. Er als Aufsichtsbehörde könne verwarnen oder einer Klinik die Bewilligung entziehen. Im Fall des 18-jährigen Jugendlichen habe man eine Verwarnung samt Auflagen ausgesprochen. Die Verwarnung ist noch nicht rechtskräftig.