Zum Inhalt springen

Radikales Umdenken Medienkommission fordert Systemwechsel in der Medienförderung

  • Die Eidgenössische Medienkommission (Emek) will die Medienförderung umbauen, damit die Bevölkerung unabhängig von der Verbreitungsform Informationen zur Verfügung hat.
  • Das derzeitige System der privaten Medienförderung habe ausgedient, sagt die Emek, die den Bundesrat berät.
  • In einem Positionspapier kommt die Emek zum Schluss, dass ein radikales Umdenken in der Förderungspolitik nötig sei.

Es brauche einen Systemwechsel in der Medienförderung, sagt Manuel Puppis. Er ist Professor für Journalismus an der Universität Freiburg und Mitglied der eidgenössischen Medienkommission. «Menschen nutzen heute nicht mehr nur Printzeitungen, Radio und Fernsehen. Sie informieren sich vor allem im Internet.»

Dies nicht nur auf den Webseiten klassischer Medien, sondern auch auf Plattformen wie Youtube oder Facebook, wie Puppis weiter ausführt. «Angesichts dieser Veränderungen können die klassischen Förderinstrumente ihr Ziel nicht mehr erreichen.»

Wie weiter?

Mit bisherigen Förderinstrumenten meint Puppis vor allem die verbilligte Zustellung von abonnierten Zeitungen, den reduzierten Mehrwertsteuersatz für journalistische Produkte online und auf Papier – und den Anteil an Gebührengeldern für einen Teil der privaten, konzessionierten Radio und Fernsehstationen. Es geht also um die privaten Medien. Die SRG ist in diesem Strategiepapier kein Thema.

CH Media Newsroom
Legende: Private Medien in der Schweiz werden vom Bund gefördert. So erhalten etwa Radio- und TV-Sender Geld aus der Serafe-Gebühr oder für private Verleger gibt es verbilligte Posttaxen. Dieses System der privaten Medienförderung habe ausgedient, sagt die Emek. Keystone/Christian Beutler

Nach dem Nein zur Medienförderung an der Urne vor rund 11 Monaten brauche es jetzt neue Ideen: «Deshalb schlägt die Emek vor, dass wir eine technologieneutrale Journalismusförderung einführen.» Heisst: Journalismus soll in allen Mediengattungen und auf allen Kanälen unterstützt werden können – egal ob Audio, Video oder Text, offline wie auch online.

Die Ideen der Emek werden auf viel Gegenwind stossen – nicht nur bei den grossen Verlagen wie etwa CH Media, die heute mehrere subventionierten Schweizer Regionalfernsehsender betreibt, sondern auch bei den kleinen, deren Erlös vor allem von den abonnierten Zeitungen abhängt. Ein möglicher Wechsel weg von der subventionierten Zustellung dürfte hier besonders schmerzen.

Gestritten werden dürfte aber vor allem über die Frage, wer die Vergabe von allfälligen Fördermitteln überwachen und wer die Vergabekriterien definieren soll. Denn diesen Punkt hat die Emek offen gelassen: «Wie entschieden wird, wer gefördert wird, haben wir bewusst nicht genau festgelegt», sagt Puppis.

Strategisch gewählter Zeitpunkt für Vorstoss

Für die Medienkommission sind zwei Optionen denkbar: Die erste wäre ein System mit Leistungsaufträgen, wie es sie heute im Regionalfernsehen und im Lokalradio gibt. «Hier bewirbt man sich auf einen ausgeschriebenen Leistungsauftrag und bekommt im Erfolgsfall Gelder», erklärt Puppis.

Bei der zweiten Option der Emek würden Fördervoraussetzungen festgelegt. Medien, die bestimmte, gesetzlich definierte Voraussetzungen erfüllen, würden sich für eine Förderung qualifizieren und diese weitgehend automatisiert erhalten. «So funktioniert die Medienförderung in den meisten Ländern Europas. Denn es schränkt den Entscheidungsspielraum von staatlicher Seite stark ein.»

Der Zeitpunkt der Lancierung des Positionspapiers ist strategisch gewählt. Seit dem Nein zur Medienförderung an der Urne herrscht eine Art Vakuum in dieser Diskussion – nicht nur in der Politik. Es braucht neue Ideen. Zudem beginnt am Mittwoch die Dreikönigstagung des Verlegerverbandes – das jährliche Treffen der Branche. Das Papier der Emek dürfte dort für Gesprächsstoff sorgen.

Rendez-vous, 10.01.2023, 12:30 Uhr

Meistgelesene Artikel