Das Motiv des Mannes, der den Chef der eidgenössischen Impfkommission (EKIF) entführte, gibt weiter Rätsel auf. Gemäss Ermittlungen hatte ein 38-jähriger Deutscher aus Wallisellen ZH den EKIF-Präsidenten Christoph Berger gekidnappt. Als ihn die Polizei später verhaften wollte, erschoss er seine Freundin, eröffnete das Feuer auf die Einsatzkräfte und wurde daraufhin von Polizisten getötet.
Zunächst schien klar: Die Entführung Bergers sei politisch motiviert gewesen. Vor allem, da ein enger Geschäftspartner des Deutschen an Verschwörungstheorien glaubte und an Corona-Demonstrationen teilnahm. Nun tauchen zum mutmasslichen Entführer aber auch immer wieder Informationen auf, die nicht zum Bild eines radikalisierten Massnahmen-Gegners zu passen scheinen.
Gemäss Informationen von «SRF Investigativ» liess der 38-Jährige eine grössere Menge Textilmasken mit dem Logo seiner Firma bedrucken. Er verteilte die Coronamasken bei mindestens einer Werbeaktion, zusammen mit Flyern. Der 38-Jährige sprach Passanten an und drückte ihnen die Masken in die Hand. Mit dabei war auch sein mittlerweile festgenommener Geschäftspartner. Auf einem Bild (siehe oben) posieren die beiden mit den bedruckten Masken.
Das Start-up-Unternehmen der beiden bestand aus einer App für Nachbarschaftshilfe.
Er bestand für Werbebilder auf Masken
Bei einer Werbeaufnahme für seine Firma soll der 38-Jährige zudem darauf geachtet haben, dass Bilder verwendet werden, auf denen die geltenden Pandemie-Bestimmungen beachtet wurden. Das heisst: Der mutmassliche Entführer Bergers setzte durch, dass auf Bildern für den Werbefilm Maske getragen wird.
Das Entführungsopfer selbst glaubt nicht an ein politisches Motiv. Christoph Berger wandte sich am Sonntag mit einer Mitteilung an die Medien, nachdem der Tages-Anzeiger ihn am Freitag als Entführungsopfer enthüllt hatte . Darin schrieb er, dem Täter sei es um Geld gegangen: «Es standen einzig wirtschaftliche Interessen des Täters im Vordergrund. Bezüge zu meiner Rolle als Präsident der Impfkommission machte der Täter nicht.»
Erfolgreicher Unternehmer oder Privatchauffeur?
Recherchen von «SRF Investigativ» bestätigten, dass der Mann Geldprobleme hatte. Seit der Gründung des Start-ups habe der 38-Jährige immer wieder zuvor deutlich üppiger veranschlagte Budgets gekürzt. Offenbar, weil weniger Geld von Investoren hereinkam als erwartet. Einer Person aus seinem Umfeld sagte er letztes Jahr, er wolle sich als Privatchauffeur versuchen.
Die Informationen dazu, inwiefern der erschossene 38-jährige ein Corona-Skeptiker war, sind widersprüchlich. Der «Tages-Anzeiger» bezeichnet es als «fraglich», ob die Einschätzung Bergers zutrifft, dass es nur um Geld ging. Das Milieu der Corona-Skeptiker spiele bei den Ermittlungen der Behörden eine wichtige Rolle.
Es ist möglich, dass der mutmassliche Täter für sein Start-up eine radikalisierte Einstellung unterdrückte. Sein 34-jähriger Geschäftspartner wurde mittlerweile in Untersuchungshaft gesetzt. Ihm wird unter anderem Beteiligung an der Freiheitsberaubung, Entführung und versuchte Erpressung vorgeworfen. Details zu seiner möglichen Tatbeteiligung sind allerdings keine bekannt. Es gilt die Unschuldsvermutung.