Geisterhäuser, ausgestorbene Beizen und Waschmaschinen, die vor sich hin rosten: Das gibt es in Mitholz im Kandertal immer mehr. Fünf Familien haben den Ort bereits verlassen, bei anderen läuft aktuell die Umsiedlung.
Doch jetzt gibt es für die insgesamt 51 betroffenen Personen ein neues Problem. Mangels Geld kann das Verteidigungsdepartement VBS den Leuten keine Häuser und keine Grundstücke mehr abkaufen.
Zudem unterstützt es sie trotz schriftlicher Kaufzusagen nicht beim Umzug aus der Gefahrenzone des 1947 explodierten Munitionslagers. Denn die dafür für das laufende Jahr vorgesehen 50 Millionen Franken sind blockiert, wie Recherchen von «Schweiz aktuell» zeigen.
Die Katastrophe von Mitholz 1947
Wie kann es sein, dass dem VBS urplötzlich die Geldquellen versiegen? Hintergrund ist ein jüngster Entscheid der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrates (SiK-N). Die SiK hat entschieden, den Entscheid zum 2.6-Milliarden-Kredit zur Munitionsräumung in Mitholz aufzuschieben.
VBS muss erneut Alternativen zur Räumung prüfen
Die Extrarunde kann ein Jahr dauern und hat Folgen: Die vom VBS eingeplanten Gelder für die Mitholzerinnen und Mitholzer fliessen nicht mehr. Denn das VBS muss nochmals die Varianten «Überdeckung» und «Verkapselung» des Munitionslagers prüfen.
Es ist also nicht mehr sicher, dass es überhaupt je zu einer Räumung des Munitionslagers kommt – bei der die Bewohnenden das Gebiet während Jahren verlassen müssen. Dann wären auch die Liegenschaftskäufe unnötig.
Wir dürfen die Liegenschaften nicht mehr kaufen. Jetzt gibt es für alle Beteiligten eine ganz schwierige Situation.
Der Projektleiter Räumung Mitholz beim VBS, Adrian Goetschi, ist konsterniert: «Wir dürfen die Liegenschaften nicht mehr kaufen. Jetzt gibt es für alle Beteiligten eine ganz schwierige Situation. Weil man nicht mehr weiss, was eigentlich richtig wäre.»
Entsetzen in Mitholz ist gross
Bestürzt über den Zahlungsstopp ist der Gewerbler Markus Rupp, der in Mitholz Kühlanlagen produziert. Er will weiter unten im Tal einen Ersatzneubau realisieren. Man müsse jetzt Bauland kaufen, Verträge abschliessen, Planungskosten bezahlen. «Jetzt heisst es einfach, es gibt kein Geld mehr – wir wissen überhaupt nicht, ob wir jemals Geld bekommen. Das kann es doch nicht sein. Wir bezahlen die Zeche hier.»
Die IG Mitholz kritisiert den Entscheid der SiK aufs Schärfste. Dadurch würden die Betroffenen wieder in den «zermürbenden Zustand der Unsicherheit» versetzt. Man sei sich über die vollständige Räumung des Munitionslagers längst einig gewesen.
Die IG fordert die SiK-N darum auf, ihren Entscheid zu korrigieren. «Niemand weiss jetzt, woran man ist. Wenn kein Geld kommt, können wir nicht weiterfahren», sagt Karl Steiner, Präsident der IG Mitholz
Nachkredit als Lösung?
Was sagt die Sik? Eine offizielle Stellungnahme gibt es nicht. Kommissionsmitglied und SVP-Nationalrat Erich Hess will mit einem Nachtragskredit in der Höhe von 50 Millionen Franken ab Sommer wieder Liegenschaftskäufe ermöglichen.
Trotz akutem Geldmangel sei es trotzdem der richtige Entscheid gewesen, die Mitholz-Räumung zu sistieren. «Es geht schliesslich um 2600 Millionen Franken.»