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Beziehung Schweiz - EU
Aus 10 vor 10 vom 29.11.2018.
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Rahmenabkommen mit der EU Was ist die Unionsbürger-Richtlinie, Frau Professor Tobler?

Bisher galt der Lohnschutz als «pièce de résistance» in den Diskussionen um das Rahmenabkommen mit der EU. Neuerdings mausert sich ein weiterer Bestandteil des Rahmenabkommens – die Unionsbürger-Richtlinie – zum Stolperstein. Doch worum handelt es sich dabei genau? Christa Tobler, Professorin für Europarecht an der Universität Basel, gibt Auskunft.

Christa Tobler

Christa Tobler

Professorin für Europarecht, Universität Basel

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Christa Tobler ist seit 2005 ordentliche Professorin für Europarecht an der Universität Basel.

Schwerpunkt ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit ist das Europarecht, insbesondere Fragen der Rechtsgleichheit im EU-Recht. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der rechtlichen Beziehung zwischen der Schweiz und der EU (bilaterales Recht).

SRF News: Was ist die sogenannte Unionsbürger-Richtlinie?

Prof. Christa Tobler: Das ist ein Gesetz der Europäischen Union, in dem steht, unter welchen Bedingungen jemand ausreisen, in ein anderes Land einreisen und sich dort aufhalten kann. Es ist also das Einreise-, Ausreise- und Aufenthaltsrecht der Europäischen Union für die Bürger ihrer Mitgliedsstaaten.

Man würde also die bestehenden Regeln modernisieren. Es gibt jedoch einen Teil, der nicht dem früheren Recht entspricht.

Welche Teile der Unionsbürger-Richtlinie könnten die Schweiz betreffen?

Es ist die modernisierte Version der Regeln, die wir bereits jetzt im bilateralen Recht haben. Mit der Unionsbürger-Richtlinie würden also die bestehenden Regeln modernisiert werden. Es gibt jedoch einen Teil, der nicht dem früheren Recht entspricht, der neu wäre im Vergleich zum bestehenden Recht.

Was ist neu?

Neu ist insbesondere ein Artikel. Nämlich: Leute, die aufenthaltsberechtigt sind, hätten grundsätzlich – mit gewissen Ausnahmen – das Recht, gleich behandelt zu werden wie jene, die das Staatsbürgerrecht des Landes besitzen.

Wann hat man ein Recht auf Aufenthalt?

Das kommt auf die Kategorie an. Wenn sie als Arbeitskraft mit einer Stelle einreisen, dann erhalten sie das Aufenthaltsrecht ohne weitere Voraussetzungen. Wenn sie aber ohne Arbeit einreisen und nicht hierher kommen, um Geld zu verdienen; dann nicht automatisch. Sie erhalten das Recht nur, wenn sie selber genügend Geld haben und eine umfassende Krankenversicherung besitzen.

Falls in einem allfälligen Rahmenabkommen die Unionsbürger-Richtlinie übernommen würde: Wo wäre ganz konkret der Unterschied zum heutigen Recht?

Es gibt verschiedene Punkte. Ein erster Punkt wäre, dass man nach fünf Jahren ein Daueraufenthaltsrecht erhalten würde. Ein zweiter Punkt: Wenn man schon lange da wäre, dann gäbe es strengere Regeln für die Ausweisung aus dem Land. Das sind die wesentlichen Neuerungen. Dann käme allenfalls noch der Artikel über die Gleichbehandlung hinzu, also das Diskriminierungsverbot. Das wäre neu – und der Artikel könnte in gewissen Fällen Themen berühren, die bisher nicht im Recht festgeschrieben sind. Zum Beispiel das Recht auf Sozialhilfe.

Die drei problematischen Punkte

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Falls die Schweiz die Unionsbürger-Richtlinie ohne Änderungen übernehmen würde, wären wohl diese drei Punkte umstritten.

  • Sozialhilfe könnten EU-Bürger schon nach sechs Monaten Arbeitstätigkeit beziehen. Heute erst nach 12 Monaten in der Schweiz.
  • Ein Recht auf Daueraufenthalt würden Unionsbürger nach fünf Jahren erhalten. Heute gilt dies erst für Bürger der alten EU-Staaten. EU-Bürger aus Oststaaten können dieses Recht erst nach zehn Jahren einfordern.
  • Die Ausschaffung von Unionsbürgern würde mit den neuen Richtlinien wohl erschwert.

Wieso ist die Unionsbürger-Richtlinie für die EU so zentral? Es gibt ja bereits das Freizügigkeitsabkommen?

Das stimmt schon. Aber das Personenfreizügigkeits-Abkommen ist von der Rechtsentwicklung noch im Zustand von 1999. In der Zwischenzeit hat sich in der EU das Recht weiterentwickelt. Man hat heute ein moderneres EU-Recht. Die EU ist der Meinung, wir machen bei einem grösseren System der EU mit und man sollte hier die gleichen Regeln haben.

Das Gespräch führte Sebastian Ramspeck.

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