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Rechtsextremismus So gefährlich ist die rechtsextreme Organisation «Junge Tat»

Ein jüngst veröffentlichter Diskriminierungsbericht bezeichnet die «Junge Tat» als dominierende Organisation in der rechtsextremen Szene in der Schweiz.

Die Organisation «Junge Tat» ist in letzter Zeit vermehrt in den Schlagzeilen aufgetaucht, erst kürzlich wegen Verbindungen zur Jungen SVP. Die Jugend-Aktionsgruppe dominiert die rechtsextreme Szene in der Schweiz.

Am Mittwoch ist ein neuer Diskriminierungsbericht 2023 erschienen. In diesem warnt die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus GRA explizit von der «Jungen Tat». Mehr als ein Viertel aller Diskriminierungsfälle gehen auf das rechtsextreme Milieu in der Schweiz zurück. Und in diesem Milieu spiele die «Junge Tat» eine Hauptrolle.

Zwei jugendliche Männer haben ihre Hände verschränkt.
Legende: Der neue Bericht zeigt, dass die Fälle von diskriminierenden Taten und Hassreden in der Schweiz deutlich zugenommen haben – um 50 Prozent gegenüber 2022. Keystone/DPA/Felix Kästle (Symbolbild)

Der Extremismusforscher Dirk Baier beschreibt die Gruppierung wie folgt: «Die Aktionsgruppe hat sich dem Ziel verschrieben, die Schweiz in einer Art und Weise zu verändern, die sich nicht mit Demokratie verträgt. Sie muss deswegen als rechtsextrem eingestuft werden. Es muss vor ihr gewarnt werden und man muss sich auch klar abgrenzen.»

«Junge Tat» will bedeutsamer und sichtbarer werden

Im Moment ist es noch eine kleine Gruppierung. Es kursieren Zahlen von 20 bis 50 Personen. Doch: «Sie versucht gerade, auch an viel grössere Gruppen und sogar Parteien anzuknüpfen», erklärt Baier von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW und der Uni Zürich.

Die Gruppierung will also in der Politik mitmischen. Ihre Hauptfeindbilder sind laut Baier bestimmte Gruppen in der Bevölkerung. «Wir sehen Islamophobie, Antisemitismus, Rassismus. Das ist ein klarer Hinweis, dass wir es mit einer problematischen Gruppe zu tun haben, die keine Toleranz zeigt. Und Toleranz ist ein Grundwert der demokratischen Ordnung.»

Gründe für die Einstufung als rechtsextreme Gruppierung

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Die «Junge Tat» selber bestreitet, rechtsextrem oder ausländerfeindlich zu sein. Unter Fachleuten gilt es aber als unbestritten, dass die «Junge Tat» als rechtsextrem eingestuft werden muss. Dirk Baier nennt Gründe:

  1. Die Geschichte: Die «Junge Tat» geht aus der Eisen-Jugend und aus der nationalistischen Jugend hervor.
  2. Die Symbolik: Ihr Symbol der Rune wurde auch in Zeiten des Nationalsozialismus von der SA benutzt. Der Pfeil nach oben steht für Kampf und Krieg. Er wurde unter anderem auch bei der Hitlerjugend als Leistungsabzeichen verwendet.
  3. Die Inhalte: Es werden teilweise Inhalte vertreten, die sich in keiner Weise mit der Demokratie vertragen. Begriffe sind beispielsweise Remigration. Darunter versteht man die Idee, Gruppen von Migrantinnen und Migranten wieder zurück in die ursprüngliche Heimat zurückzuführen. Oder der Begriff grosser Austausch. Die Verschwörungstheorie ist in rechtsextremen Kreisen verbreitet. Da geht es darum, dass insbesondere Personen mit islamischem Glauben die westlichen Gesellschaften bevölkern und dort versuchen, die Bevölkerung auszutauschen.
  4. Gewaltbereitschaft: Die «Junge Tat» fallen zwar in den letzten ein- bis eineinhalb Jahren aus strategischen Gründen nicht mehr über Gewalt auf. Doch das Potenzial dafür und ausgesprochene Drohungen fallen für Baier auch unter Gewalt.

Der Rechtsextremismus generell hat sich in den letzten Jahren modernisiert. Die «Junge Tat» knüpft daran. «Es ist nicht mehr der platte Glatzkopf mit Springerstiefeln. Sie haben sich angepasst, um Sympathien unter der Bevölkerung zu erhalten», so Baier – vor allem unter dem jungen Publikum.

Entsprechend modern ist ihr Social-Media-Auftritt. Ihre Videos sind ansprechend, die Bildsprache professionell und heroisch. Die Themen drehen sich beispielsweise um Heimat, Natur oder Diskurse um das dritte Geschlecht.

Versteckte Ziele stecken hinter der Kommunikationsweise

Das Gefährliche an diesem Kommunikationsstil sei, dass die dahinterliegenden Ziele nicht sofort zu erkennen seien. Baier nennt das Beispiel der Remigration. Zunächst heisst es, man wolle straffällige ausländische Gruppen wieder zurück in ihre Heimat bringen. Das muss auf den ersten Blick nicht problematisch wirken. Dahinter stecken aber Willkür oder Rechtsverletzungen.

«Man kann schnell auf solche Parolen hereinfallen. Es ist ein geschickter Move, Menschen in diese Richtung zu ziehen und dann noch weiter zu indoktrinieren und gegebenenfalls zum Handeln zu bringen.»

Toleranz ist ein Grundwert der demokratischen Ordnung.
Autor: Dirk Baier Extremismusforscher

Eine Gefahr sieht Extremismusforscher Dirk Baier darin, wenn die «Junge Tat» es schafft, Menschen für ihre Sache zu gewinnen und sie dazu bringt, das Vertrauen in die Demokratie, in die politischen Institutionen der Schweiz zu verlieren.

Doch: «Die ‹Junge Tat› wird es nicht schaffen, die Schweiz in Richtung autoritäres System umzugestalten. Dazu ist sie zu klein, zu wenig mächtig. Das System der Schweiz wird meiner Einschätzung nach nicht aufgeweicht werden oder umgestülpt werden», sagt Baier. Denn, wenn sich etablierte Parteien von der «Jungen Tat» distanzieren, «verhungert diese Organisation am rechten Rand.»

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Newsplus, 10.04.2024, 16 Uhr ; 

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