Pierre Maudet in Genf, Valérie Dittli in der Waadt und nun Martial Courtet im Kanton Jura. Die Serie von Regierungsratsmitgliedern, die in Schwierigkeiten geraten, reisst in der Westschweiz nicht ab. Im Fall des jurassischen Bildungsministers Courtet brachte ein Bericht über das Arbeitsklima in seinem Departement das Fass zum Überlaufen. Der Fall könnte die jurassische Politik auf den Kopf stellen. Die wichtigsten Antworten von SRF-Bundeshausredaktor Andreas Stüdli.
Was ist passiert?
Schon länger waren aus dem Departement für Bildung, Kultur und Sport massive Vorwürfe gegenüber dem Regierungsrat Martial Courtet durchgesickert. Der schwierige Umgang mit dem Mitte-Politiker dürfte der Grund dafür sein, dass mehrere Führungskräfte gegangen sind. Ein von der jurassischen Regierung in Auftrag gegebener Bericht hat die Vorwürfe nun bestätigt.
Was zeigt der Bericht?
Experte Daniel Held kam zum Schluss, dass im Departement ein «Klima der Angst» herrsche. Beim Personal machte Held viel Leid und Resignation aus. Courtet sei talentiert im Auftritt in der Öffentlichkeit und gegenüber dem Kantonsparlament. Der Experte kommt «angesichts der Herausforderung einer notwendigen umfassenden Transformation des Klimas der Angst, des weit verbreiteten Misstrauens und eines sowohl intern als auch zunehmend extern stark erschütterten Images» zu einer Schlussfolgerung in seltener Deutlichkeit: Der erste Ratschlag an Martial Courtet sei, «sich beruflich für eine neue Ausrichtung zu entscheiden, die seinem Talent besser entspricht».
Wie hat die Mitte-Partei auf das vernichtende Zeugnis reagiert?
Für die Mitte-Partei des Kantons Jura kommt die Affäre zu einem heiklen Zeitpunkt. Im Oktober werden Regierung und Parlament neu gewählt. Am Montag läuft die Kandidatenfrist ab. Eigentlich war Martial Courtet nach zehn Jahren in der Regierung für eine dritte Amtszeit gesetzt, auch der bisherige Stéphane Theurillat hatte einen Platz auf dem Ticket auf sicher. Der dritte Regierungsrat der Mitte, der christlich-soziale David Eray, tritt nicht mehr an. Der Vorstand der Mitte des Kantons Jura hat Courtet aufgefordert, nicht anzutreten. Darauf hat er sich von der Liste der Mitte-Partei zurückgezogen. Courtet überlegt sich aber, als Unabhängiger anzutreten. Das würde an den Fall des Genfer Staatsrats Pierre Maudet erinnern.
Wie geht es jetzt weiter?
Ob es im Jura zu einem zweiten Fall Maudet kommt, hängt von der Entscheidung von Courtet ab. Für die Mitte ist der Schaden schon angerichtet. Die frühere CVP war zusammen mit der SP die Gründerpartei des Kantons Jura. Sie riskiert nun, einen ihrer drei Sitze in der Regierung zu verlieren. Sollte Courtet als Unabhängiger antreten und die Wiederwahl schaffen, wäre das eine Herausforderung für die Zusammenarbeit in der fünfköpfigen Regierung. Die Vorwürfe gegen Courtet hatten auch die Diskussionen mit zwei SP-Regierungsrätinnen innerhalb der Regierung erschwert.
Was zeigt der Fall über den Jura hinaus?
Dass ein Wahlerfolg allein nicht dazu befähigt, ein Departement zu führen. Courtet konnte das laut dem Expertenbericht nicht. Auch bei Pierre Maudet zeigten sich Probleme bei der Führung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und auch Valérie Dittli wurde in einem Bericht der Waadtländer Regierung ähnliche Fehler vorgeworfen. Im Departement der Waadtländer Staatsrätin gab es Probleme mit Kaderangestellten. Die Fälle zeigten, so der Experte Daniel Held: Es sei selten, dass ein guter Politiker auch ein guter Manager sei. Das gleiche gelte umgekehrt.