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Regierungskrise im Jura «Klima der Angst»: Dem Jura droht ein Fall Maudet

Pierre Maudet in Genf, Valérie Dittli in der Waadt und nun Martial Courtet im Kanton Jura. Die Serie von Regierungsratsmitgliedern, die in Schwierigkeiten geraten, reisst in der Westschweiz nicht ab. Im Fall des jurassischen Bildungsministers Courtet brachte ein Bericht über das Arbeitsklima in seinem Departement das Fass zum Überlaufen. Der Fall könnte die jurassische Politik auf den Kopf stellen. Die wichtigsten Antworten von SRF-Bundeshausredaktor Andreas Stüdli.

Andreas Stüdli

Bundeshausredaktor

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Andreas Stüdli gehört seit August 2024 der Bundeshaus-Redaktion von Radio SRF an. Zuvor hatte er für Radio SRF von Juni 2018 bis Juli 2024 aus der Westschweiz und über das Bundesgericht berichtet. Davor war Andreas Stüdli für die Nachrichtenagentur SDA tätig gewesen, zuerst in Aarau für die Region Aargau Solothurn, dann in Lausanne für die Westschweiz. Seine Laufbahn begann er bei Radio 32 in Solothurn.

Was ist passiert?

Schon länger waren aus dem Departement für Bildung, Kultur und Sport massive Vorwürfe gegenüber dem Regierungsrat Martial Courtet durchgesickert. Der schwierige Umgang mit dem Mitte-Politiker dürfte der Grund dafür sein, dass mehrere Führungskräfte gegangen sind. Ein von der jurassischen Regierung in Auftrag gegebener Bericht hat die Vorwürfe nun bestätigt.

Zwei Männer in Anzug sitzen und sprechen hinter Namensschildern und Mikrofon.
Legende: Im Departement von Courtet herrsche ein «Klima der Angst», hat Experte Daniel Held in seinem Bericht festgehalten. Der Bildungsdirektor hat in einer ersten Reaktion bekanntgegeben, dass er bereit sei, einen Wandel herbeizuführen. Keystone / Manuel Lopez

Was zeigt der Bericht?

Experte Daniel Held kam zum Schluss, dass im Departement ein «Klima der Angst» herrsche. Beim Personal machte Held viel Leid und Resignation aus. Courtet sei talentiert im Auftritt in der Öffentlichkeit und gegenüber dem Kantonsparlament. Der Experte kommt «angesichts der Herausforderung einer notwendigen umfassenden Transformation des Klimas der Angst, des weit verbreiteten Misstrauens und eines sowohl intern als auch zunehmend extern stark erschütterten Images» zu einer Schlussfolgerung in seltener Deutlichkeit: Der erste Ratschlag an Martial Courtet sei, «sich beruflich für eine neue Ausrichtung zu entscheiden, die seinem Talent besser entspricht».

Wie hat die Mitte-Partei auf das vernichtende Zeugnis reagiert?

Für die Mitte-Partei des Kantons Jura kommt die Affäre zu einem heiklen Zeitpunkt. Im Oktober werden Regierung und Parlament neu gewählt. Am Montag läuft die Kandidatenfrist ab. Eigentlich war Martial Courtet nach zehn Jahren in der Regierung für eine dritte Amtszeit gesetzt, auch der bisherige Stéphane Theurillat hatte einen Platz auf dem Ticket auf sicher. Der dritte Regierungsrat der Mitte, der christlich-soziale David Eray, tritt nicht mehr an. Der Vorstand der Mitte des Kantons Jura hat Courtet aufgefordert, nicht anzutreten. Darauf hat er sich von der Liste der Mitte-Partei zurückgezogen. Courtet überlegt sich aber, als Unabhängiger anzutreten. Das würde an den Fall des Genfer Staatsrats Pierre Maudet erinnern.

Sechs Personen auf Bühne, Blumenstrauss im Korb daneben.
Legende: Ende Mai hat die Mitte fünf Kandidatinnen nominiert. Neben Martial Courtet (ganz rechts) und dem bisherigen Stéphane Theurillat (neben Courtet) gehen Clément Piquerez, Amélie Brahier und Anne Froidevaux (v.l.n.r.) ins Rennen. Keystone / Jean-Christophe Bott

Wie geht es jetzt weiter?

Ob es im Jura zu einem zweiten Fall Maudet kommt, hängt von der Entscheidung von Courtet ab. Für die Mitte ist der Schaden schon angerichtet. Die frühere CVP war zusammen mit der SP die Gründerpartei des Kantons Jura. Sie riskiert nun, einen ihrer drei Sitze in der Regierung zu verlieren. Sollte Courtet als Unabhängiger antreten und die Wiederwahl schaffen, wäre das eine Herausforderung für die Zusammenarbeit in der fünfköpfigen Regierung. Die Vorwürfe gegen Courtet hatten auch die Diskussionen mit zwei SP-Regierungsrätinnen innerhalb der Regierung erschwert.

Mitte-Partei nominiert Jean-Paul Lachat

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Die Mitte-Partei des Kantons Jura hat sich dazu entschlossen, anstatt Martial Courtet den Gemeindepräsidenten von Clos du Doubs, Jean-Paul Lachat, ins Rennen um die jurassische Regierung zu schicken. Lachat ist in der Landwirtschaft engagiert und seit 2018 Gemeindepräsident der Gemeinde im Bezirk Porrentruy. Er bewarb sich nach Courtets Rücktritt spontan.

Was zeigt der Fall über den Jura hinaus?

Dass ein Wahlerfolg allein nicht dazu befähigt, ein Departement zu führen. Courtet konnte das laut dem Expertenbericht nicht. Auch bei Pierre Maudet zeigten sich Probleme bei der Führung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und auch Valérie Dittli wurde in einem Bericht der Waadtländer Regierung ähnliche Fehler vorgeworfen. Im Departement der Waadtländer Staatsrätin gab es Probleme mit Kaderangestellten. Die Fälle zeigten, so der Experte Daniel Held: Es sei selten, dass ein guter Politiker auch ein guter Manager sei. Das gleiche gelte umgekehrt.

Heute Morgen, 22.8.2025, 8.30 Uhr;sche ; 

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