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Regisseur Simon Helbling «Es war ein Privileg, die Nati-Doku zu drehen»

Fast ein Jahr lang begleitete Simon Helbling die Schweizer Nationalmannschaft auf Schritt und Tritt - fing Emotionen, Begegnungen und Situationen ein. Als Regisseur der Dokumentation «The Pressure Game – Im Herzen der Schweizer Nati» kam er den Spielern so nah wie kaum ein Filmer vorher.

Simon Helbling

Filmregisseur

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Simon Helbling (36) ist ein Schweizer Filmregisseur und Drehbuchautor. Aufgewachsen in Andwil SG ging er zuerst in Gossau ins Gymnasium. Während eines Studiums in Zürich arbeitete er parallel an Theater- und Filmproduktionen mit. 2020 schloss Helbling sein Masterstudium an der London Film School ab.

SRF News: Ihre Dokumentation befindet sich aktuell im Schnitt. Eine stressige Zeit?

Simon Helbling: Genau jetzt ist im Filmemachen die intensivste Zeit. Wir machen die sechs Episoden fertig. Da gibt es immer wieder lange Tage und lange Wochenenden.

Wenn man auch bei intimen Momenten dabei ist, sind wohl nicht alle begeistert, oder?

Wenn ich von aussen reinkomme, muss ich mir Zeit lassen, um eine Beziehung aufzubauen. Dem war ich mir bewusst. Das heisst: Die Leute müssen beobachten dürfen, wie ich arbeite, wie störend ich bin oder wie zurückhaltend ich sein kann. Mit dem Verband gab es einen guten Austausch. Das führte dazu, dass ich bei der WM in Katar wirklich mittendrin war.

Regisseur Simon Helbling gibt Interviews.
Legende: Gefragt wie ein Spieler: Regisseur Simon Helbling im Nati-Trainingsanzug. ZVG / Fabian Michel SFV

Also waren Sie Teil der Mannschaft oder einfach geduldet?

Wir merkten, die Arbeit als Filmer ist umso einfacher, je tiefer ich drin bin. Umgekehrt ist es auch für den Verband einfacher. Das heisst: Ich trug die Kleidung, ich hielt mich an die Abläufe und an die Regeln. Wenn man so nahe am porträtierten Subjekt ist, findet man auch die Geschichten, die man sich anfangs nicht vorstellen konnte.

Sie hatten überall hin Zugang und trugen auch einen Trainer mit Ihren Initialen.

Eine solche Serie wird nur gut, wenn wir tief hineingehen dürfen. Murat Yakin und Medienchef Adrian Arnold glaubten von Anfang an an das Projekt. In der Beziehungsentwicklung war es Teil meiner Aufgabe, nicht nur den Spielern näherzukommen, sondern ebenso dem Staff. Ich versuchte, eine Beziehung zu 55 Leuten parallel aufzubauen.

Es gibt auch Leute, die man mehr oder weniger mag. Wie gingen Sie damit um?

Eine komplizierte Frage. Auf der einen Seite ist es eine professionelle Basis. Ich bin als Geschichtenerzähler da und nicht als persönlicher Kollege. Auf der anderen Seite muss ich eine persönliche Beziehung aufbauen, weil ich eine menschliche Perspektive dieser Profis zeigen will.

Wenn ich jemanden porträtiere, möchte ich auf diese Person mit offenen Augen zugehen - ohne Vorurteile, ohne Annahmen, die es schon aus den Medien gibt. Das ist meine Haltung. Wir fragen ganz offen: Wer bist du und warum?

Von vielen ist es ein Kindheitstraum, so nahe bei Stars dabei zu sein. Fühlen Sie sich privilegiert?

Auf jeden Fall fühle ich mich privilegiert, als Filmemacher ein solch spannendes Projekt umsetzen zu dürfen. Nach ein paar Monaten, als ich einmal mit Granit Xhaka plauderte, fiel mir plötzlich auf: Stimmt, den habe ich früher am Fernseher gesehen und cool gefunden. Sobald man aber drin ist, setzt Professionalität ein.

Was war am Projekt besonders schön, was besonders mühsam?

Das Schönste ist, wenn das Gegenüber mir sein Vertrauen schenkt. Es gab während eines Interviews auch Tränen. Das ist etwas sehr Schönes auf einer ganz menschlichen Ebene. Besonders mühsam ist die Grösse. Ich könnte 20 Episoden mit 100 Stunden machen, der Stoff würde mir nicht ausgehen. Es ist unangenehm, wenn man im Schnitt merkt, wie ein schöner Moment keinen Platz hat.

Am 22. März wird die erste Folge ausgestrahlt. Wo schauen Sie sich diese an?

Es gibt zwei Szenarien: Ich habe gesagt, ich sähe das Potenzial für eine zweite Staffel. Trifft das ein, wäre ich vermutlich schon wieder im Nati-Camp. Wenn nicht, liege ich vermutlich auf den Malediven am Strand und schaue es gar nicht.

Das Gespräch führte Michael Ulmann.

SRF1 Regionaljournal Ostschweiz, 11.01.2023, 17:30 Uhr ; 

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