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Regula Rytz im Interview «Ich mache keine Wetten – ich vertraue auf die anderen Parteien»

Nach der «historischen Verschiebung vom 20. Oktober» wie Grünen-Präsidentin Regula Rytz sagt, ist es Zeit für einen grünen Bundesrat. Denn die Grünen spielen in der gleichen Liga wie die CVP und die FDP, meint Rytz im Interview.

Regula Rytz

Präsidentin der Grünen

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Regula Rytz gehörte von 2004 bis 2012 der Berner Stadtregierung an und leitete dort die Direktion für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün. Seit 2011 sitzt sie im Nationalrat, seit 2012 präsidiert sie die Grüne Partei Schweiz. Bei den Gesamterneuerungswahlen für den Bundesrat im Dezember 2019 trat sie gegen FDP-Bundesrat Ignazio Cassis an, wurde aber nicht gewählt.

SRF: Regula Rytz – wieviel würden Sie darauf wetten, dass Sie heute in knapp drei Wochen Bundesrätin sind?

Regula Rytz: Ich mache keine Wetten, ich vertraue auf die anderen Parteien. Dass sie respektieren, was am 20. Oktober geschehen ist. Das war eine historische Stärkung der Grünen. Es ist ein Auftrag für mehr Ökologie und Umweltpolitik hier im Bundeshaus und auch im Bundesrat. Und ich hoffe, sie werden jemanden von den Grünen wählen.

Sie sind also nicht der weibliche Winkelried, der sich opfert, damit es das nächste Mal klappt?

Nein, es ist ganz klar eine historische Verschiebung gewesen. Die Grünen spielen in der gleichen Liga wie die FDP oder die CVP. Wir sind wie eine Bundesratspartei ohne Bundesrat und es ist in einer Konkordanzregierung absolut normal, dass man dort alle wichtigen politischen Spieler miteinbezieht.

Die politische Stabilität ist in diesem Land sehr wichtig. Ist es wirklich schlau, wenn eine Partei einen grossen Sieg einfährt, gerade auch die Zusammensetzung der Regierung zu ändern?

Wir haben eine Konkordanzregierung mit sieben Mitgliedern und wenn man ein Mitglied auswechselt, dann denke ich nicht, dass man die Stabilität des Landes gefährdet. Im Gegenteil: es ist stabiler, wenn man wichtige politische Kräfte miteinbezieht – vor allem jetzt die der Ökologie.

Die SVP hat lange warten müssen, bis sie angemessen im Bundesrat vertreten war. Und auch die Grünen haben sich nicht dafür eingesetzt, dass es schneller geht. Sollen jetzt andere Regeln gelten?

Die SVP ist seit 1929 im Bundesrat. Bei dieser Partei ist es um den zweiten Sitz gegangen. Da hat die SVP ganz klar darauf beharrt, dass es einen Wählerinnen- und Wählerwillen gibt. 2003 hat man die Zauberformel angepasst und jetzt ist auch wieder der Moment da, dies zu machen.

Diese Grünen wollten schon Bundesrätin oder Bundesrat werden

Sie argumentieren jetzt gleich wie die SVP mit dem Wählerwillen. Werden da aber die Mitglieder des Bundesrates nicht zu Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfern, wenn sie Angst haben müssen, dass sie bei den nächsten Wahlen wieder abgewählt werden könnten?

Nein das ist nicht so. Sie sehen ja, wie um uns herum die europäischen Regierungen unstabil sind und sehr schnell wechseln können. Wir haben zum Glück eine grosse Stabilität und es geht ja um kleine Verschiebungen. Es geht ja darum in einem Siebener-Gremium eine Person auszutauschen um eine neue politische Kraft einzubinden. Das ist eine ganz andere Frage. Es ist also nicht eine völlige Umbildung der Regierung wie sie zum Beispiel in Österreich geschieht.

Sie statt Ignazio Cassis im Bundesrat würde heissen: Null Bundesräte aus dem Tessin und mit Simonetta Sommaruga zwei aus dem Kanton Bern. Ist das gut für den Zusammenhalt des Landes?

Ich denke, dass das tatsächlich eine berechtigte Kritik der Menschen aus dem Tessin ist. Ich nehme dies absolut ernst und ich verstehe das, dass es keine gute Situation ist. Auf der anderen Seite: Wir haben nicht die Möglichkeit, dass wir sämtliche Aufträge der Bevölkerung gleichzeitig im Bundesrat vertreten können. Für mich ist der grosse Auftrag die Klimawahl und die Ökologie. Man muss sehen: die Grünen und die Grünliberalen zusammen haben jetzt 21 Prozent der Stimmen – ökologische Stimmen, die heute nicht im Bundesrat vertreten sind. Und weil kein Platz frei ist, müssen wir eben gegen einen amtierenden Bundesrat antreten.

Das Gespräch führte Nathalie Christen.

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