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Reparatur von Trolleys Alte Flugzeug-Trolleys sind in Schweizer Haushalten beliebt

Alte Flugzeug-Trolleys sind in Schweizer Haushalten beliebt. Eine Solothurner Firma repariert die defekten Wägeli-Rollen.

Swissair: Auch über 20 Jahre nach dem Aus bewegt die Fluggesellschaft. Nach dem Grounding lebt sie in Schweizer Wohnungen weiter. Dort stehen viele Swissair-Trolleys: Wägeli, aus denen im Flugzeug Essen und Trinken serviert wurden. Sie dienen nun als Bar, Spielzeugkiste oder Cheminéeholz-Lager.

Stewardess mit Trolley.
Legende: Eine Flight-Attendant der Swissair mit einem Trolley, wie sie in den Douglas DC-9 im Einsatz waren. (Bild von 1966) ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv/Stiftung Luftbild Schweiz

Das Kult-Produkt geht allerdings in die Brüche. Die Räder der Trolley brechen, wenn der Kunststoff spröde wird. Eine Solothurner Firma hat dies zum Geschäft gemacht. Der Familienbetrieb «Trolley Trade» ersetzt die Rollen der Wägeli.

Ein Lastwagen voller Trolleys

Aufgereiht liegen die Wägeli in der Werkstatt in einem Industriegebiet in Dulliken. «Alles sind original Swissair-Trolleys, die meisten aus den 80er-, anfangs 90er-Jahre», erklärt Christian Bühlmann. Hauptberuflich betreibt er eine Firma für IT-Marketing.

Am Anfang stand der Wunsch, selbst einen Swissair-Trolley zu besitzen. «Ich wollte kein Remake aus Fernost. Ich wollte einen richtigen. Einen, der Flugmeilen hinter sich hat und da und dort auch einen Kratzer oder eine Delle.» Bühlmann kontaktierte 2018 einen deutschen Händler, der mit Restbeständen handelt. Zuerst kaufte er zwei Wägeli, später acht. Bald brauchte er einen Lagerraum.

Ich wollte kein Remake aus Fernost. Ich wollte einen richtigen.
Autor: Christian Bühlmann Trolley-Verkäufer

Der Händler und heutige Geschäftspartner fragte eines Tages, ob er nicht alle seine Swissair-Trolleys übernehmen wolle. «Und dann stand ein Sattelschlepper mit 20 Paletten voller Trolleys vor der Haustür.» 140 Wägeli kamen ins Lager.

Zuerst die Wägeli, nun die Rollen

Die Erinnerungsstücke verkauften sich gut. Viele ehemalige Swissair-Mitarbeitende wollten einen Trolley haben – bis eines Tages die Nachfrage einbrach. «Die Swiss löste offenbar alte Lagerbestände auf. Einige 100, wenn nicht über 1000 Trolleys, gingen günstig oder gratis an Mitarbeitende.» Christian Bühlmanns Firma verdiente nichts mehr.

Dann kam erneut der Zufall ins Spiel. «Um Weihnachten 2019 kam eine Anfrage, ob wir Trolley-Rollen reparieren. Es wurden immer mehr Anfragen. Wir schraubten an unseren Trolleys die Räder ab und verschickten sie. Aber dann fehlten uns die Rollen selber.»

Gestapelte Trolleys.
Legende: Sogenannte Fullsize-Trolleys der Swissair im Lager der Dulliker Firma. Die Räder fehlen. Nicht weil sie kaputt sind, sondern weil das Lagern so einfacher ist. SRF

Bühlmann suchte nach der Ursache für die defekten Räder. Es zeigte sich, dass der Weichmacher im Kunststoff nach 40 Jahren verdunstet war. Das Material wurde brüchig. Er fand eine Schweizer Firma als Herstellerin der neuen Räder. «Es klingt trivial, aber die Kunststoffscheiben müssen eine bestimmte Neigung haben und zum Fahrwerk und dem Bremssystem der Trolleys passen. Das ist eine Wissenschaft für sich.»

«Swissair-Spirit» trotz Flugscham

Die defekten Rollen am Trolley kann man selber abmontieren und an Christian Bühlmann schicken. Er sägt sie von Hand auf, reinigt die Radaufhängung und baut neue Rollen ein. Der Ersatz kostet 40 Franken. Wegen dieses tiefen Preises habe er keine Konkurrenz, meint Bühlmann.

Abgebrochene Rolle.
Legende: Eine defekte Trolley-Rolle. Die Aufhängung ist zwar noch intakt, aber die Rolle zerborsten. SRF

Wenn jemand die Montage nicht selbst schafft, macht Christian Bühlmann ab und zu auch Hausbesuche. So hat er einen ehemaligen Swissair-Piloten kennengelernt, der mit den Trolleys Captains-Dinner veranstaltet und das Essen stilecht serviert.

Trotz Umweltbedenken und Flugscham sei der «Swissair-Spirit» noch erstaunlich weit verbreitet, so Bühlmann. Auch die Nachfrage nach den Ersatzrädern werde noch länger hoch sein. Das Geschäft mit dem Trolley-Verkauf habe auch wieder angezogen. Jeden dritten Tag verlässt ein Wägeli das Lager in Dulliken – zur Kundschaft in der Schweiz oder auch im Ausland.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 18.03.2024, 17:30 Uhr ; 

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