Alte Bauernhäuser, ein Landmaschinen-Geschäft und eine Dorfbäckerei: Ried bei Kerzers ist ein typisches Bauerndorf. Nur reicht es hier nicht etwa nach Saustall oder Misthaufen, sondern nach Hanf.
Seit vier Jahren wächst auf dem Hof von Biobauer Manfred Wolf Cannabis. Ganz legal. Es handelt sich nämlich um CBD-Hanf. CBD-Hanf hat einen tiefen THC-Wert, macht also nicht high. Wie kam es dazu?
Der Hanfpionier
Lucien Pête beschäftigt sich schon länger mit Cannabis. Als 2016 der Bund den Verkauf von CBD-Hanfprodukten in der Schweiz erlaubte, sah er seine Stunde gekommen. «Für mich war klar, dass ich Bio-Hanf anbauen will», so Pête. Deshalb machte er sich auf die Suche nach einem Mitstreiter.
Der Hanfbauer
Manfred Wolf führt seit über 25 Jahren einen Bio-Gemüsebetrieb in Ried bei Kerzers und er ist Gemeinderat. «Lucien und ich haben per Handschlag vereinbart, dass ich einen Teil seines Gewächshauses übernehme.» Daraus wurde bald mehr.
22'000 Pflanzen befinden sich heute im Gewächshaus. Dazu kommen 15 Hektaren Hanfplanzen, die draussen auf Feldern gezüchtet werden.
Die Plantage
Aufgrund der warmen Septembertage ist die Ernte früher als geplant. Mehrere Frauen schneiden Hanfblüten ab und legen sie in ein Kistli. Der kleinere Teil kommt in den Grosshandel – dort entstehen aus dem Rieder Hanf CBD-Zigaretten. Der grösste Teil wird auf dem Hof weiterverarbeitet, z.B. zu Hanföl. Dieses Öl ist auf der ganzen Welt gefragt, sogar aus Medellin in Kolumbien gab es einmal eine Bestellung.
Jetzt haben es alle begriffen, dass es nur CBD-Hanf ist.
Die Plantage habe nix mit Kiffen zu tun: «Wir sind ein zertifizierter Betrieb, der Medizinalpflanzen anbaut.» Die Pflanzen sehen den «richtigen» Hanfplanzen, die high machen, zum Verwechseln ähnlich. Immer wieder wollten Leute einbrechen und Pflanzen stehlen: «Jetzt haben es alle begriffen, dass es nur CBD-Hanf ist.»
Die Nachbarinnen
Den Hanf riecht man im ganzen Dorf. «Bis jetzt störte es mich nicht», sagt die eine der Frauen, die in der Nähe des Betriebes wohnen. Sie rieche es manchmal schon gar nicht mehr, sie habe sich wohl daran gewöhnt. Die andere sagt: «Wir holen uns jeweils auch von den Hanf-Tropfen, die sie herstellen.» Sie sind also sogar Kundinnen.
Andere Menschen aus dem Dorf sind weniger glücklich mit der Plantage. Zur Erntezeit sei das Sitzen auf dem Balkon unmöglich. Die Idee einer Petition gegen die Plantage wurde allerdings schnell wieder verworfen – die Hanfbauern geniessen im Dorf einen grossen Rückhalt.
Der Gemeindepräsident
Gemeindepräsident Heinz Etter-Heggli kennt die Sorgen der Menschen im Dorf, er kennt aber auch Hanfbauer Manfred Wolf, schliesslich sind sie beide zusammen im Rieder Gemeinderat. Er betont: «Wir sind ein Bauerndorf und bleiben ein Bauerndorf.» Hier werde halt Hanf angebaut anstelle von Lauch. Aber das sei nun halt so.
Die Zukunft
«Das Ziel ist eine rote Null», so der Hanf-Pionier. Man komme grad so durch. Eine Goldgrube sei der CBD-Hanf (noch) nicht. Dennoch wollen die beiden Bauern ihre Plantage erweitern: Ein neues Gebäude, um das Hanföl zu verarbeiten, ist fast fertig gebaut. Und in zwei Jahren soll es ein zusätzliches Gewächshaus geben. Ried bei Kerzers bleibt ein Hanfdorf.