Zum Inhalt springen

Riss in der Zwischendecke Sperrung des Gotthardstrassentunnels: Das ist bekannt

Was ist passiert? Wie lange dauert die Sperrung und was sind die Alternativen? Antworten auf drängende Fragen zur Reise in und aus dem Süden.

Was ist passiert? Am Sonntag, kurz nach 16 Uhr, ist bei der Kantonspolizei Uri die Meldung eingegangen, dass sich von der Decke des Gotthard-Strassentunnels Betonteile gelöst hätten und auf die Fahrbahn gefallen seien. Bei einer ersten Bestandsaufnahme hat das Bundesamt für Strassen (Astra) nahe dem Tunnelportal Nord einen 25 Meter langen Riss in der Zwischendecke festgestellt, der den Schaden verursacht habe. Personen sind beim Vorfall keine verletzt worden. Vor den beiden Tunneleingängen kam es während der Nacht auf Montag zu Rückstaus über mehrere Kilometer, Fahrzeuge – auch Reisecars – mussten im Tunnel wenden. Zum Schutz der Verkehrsteilnehmer hat das Astra den Tunnel später in beide Richtungen gesperrt.

Wie geht es weiter? Der Gotthard-Strassentunnel sollte nach Angaben des Astra noch in dieser Woche wieder für den Verkehr freigegeben werden. Die Zwischendecke, die einen technischen Defekt erlitten hatte, werde auf 25 Metern abgebrochen und ersetzt. Die Abbrucharbeiten haben bereits in der Nacht auf Dienstag begonnen.

Was war der Grund? Als Ursache für die Schäden geht das Astra derzeit von Spannungsumlagerungen im Gebirge aus. Diese hätten zu lokalen Druckveränderungen geführt und den Tunnel im betroffenen Abschnitt belastet. Dies habe den Riss der Zwischendecke verursacht und der Riss wiederum die Abplatzungen (Absprengungen der Betondeckung durch zunehmenden Druck).

Wie gelangen Autofahrer jetzt ins Tessin und wieder zurück? Der Autoverkehr wird über die San-Bernardino-Route sowie über die Gotthard-Passstrasse umgeleitet. Lastwagen, die bereits in den Schwerverkehrskontrollzentren in Giornico TI und Ripshausen UR auf die Weiterfahrt warteten, wurden zurückgehalten. Zu Behinderungen kam es dort nicht, wie es bei den kantonalen Polizeikorps hiess. Das Verkehrsaufkommen über den Gotthardpass war am Montagmorgen hoch, Staus blieben aber aus, wie SRF-Innerschweiz-Korrespondent Raphael Prinz berichtete. Der deutsche ADAC warnte davor, die Passstrasse mit Wohnwagen zu befahren.

Mehrverkehr und Mehrarbeit

Box aufklappen Box zuklappen

Laut Gusti Planzer von der Kantonspolizei Uri beobachte man nun die Situation an den neuralgischen Stellen wie die Ausfahrt in Erstfeld, die Einfahrt oder Ausfahrt in Wassen oder den Kreisel in Göschenen besonders und informiere die Autofahrerinnen und -fahrer auch über die Situation. Momentan stelle man aber lediglich Mehrverkehr auf der Passstrasse in Richtung Süden fest. Mehrverkehr konstatiert auch der Gemeindepräsident von Andermatt, Peter Baumann. «Im Moment stellen wir nicht fest, dass das Dorf im Verkehr versinkt.» Es seien mehr Fahrzeuge auf der Umfahrung zu vermelden, aber die Lage im Dorf sei normal. Er rechne aber damit, dass das Nadelöhr zwischen der Schöllenen und Göschenen zu einem Rückstau führen werde. «Die Leute kommen aber momentan gut aus dem Dorf.»

Was ist mit der Bahnstrecke? Die Sperrung kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: Nach einer Entgleisung am 10. August ist der Gotthard-Basistunnel nur eingeschränkt befahrbar. Für den Personenverkehr ist er gar auf unbestimmte Zeit gesperrt. Letzteren führt die SBB deshalb über die Bergstrecke.

Was ist mit dem Güterverkehr? Aktuell ist nur die Oströhre des Gotthard-Basistunnels für den Güterverkehr befahrbar. In der Weströhre werden aktuell acht havarierte Wagen zerlegt, was laut Experten Monate dauern dürfte. Wie lange es genau dauert, bis alle Schäden am Bahntunnel behoben sind, ist laut SBB noch nicht bekannt. In einer vorsichtigen Schätzung gingen die SBB von einer beschränkten Inbetriebnahme Anfang 2024 aus.

Sanierung geplant

Box aufklappen Box zuklappen

Der 1980 eröffnete Gotthardstrassentunnel wird in gut sechs Jahren komplett saniert. Der Verkehr wird während der Bauarbeiten durch die weitgehend parallel verlaufende zweite Röhre rollen, die derzeit gebaut wird. 2016 hatte das Schweizer Stimmvolk den Bau der zweiten Röhre mit anschliessender Sanierung des bestehenden Tunnels gutgeheissen. Die Vorarbeiten für dieses 2.14 Milliarden Franken teure Bauwerk begannen bereits im Frühjahr 2020. 2024 sollen die Tunnelbohrmaschinen angeworfen werden, der Durchschlag ist für 2026 geplant. Ab 2032 sollen dann beide Tunnels betriebsbereit sein, wobei jeweils nur eine Fahrspur pro Richtung offenstehen soll. Die zweite Spur ist als Pannenstreifen vorgesehen.

War der Gotthardstrassentunnel schon einmal für längere Zeit gesperrt? Nach einem Brand im Oktober 2001 war der Gotthardstrassentunnel für zwei Monate für die Reparaturarbeiten komplett gesperrt. Das Feuer brach nach einer Kollision zweier Lastwagen aus. Hunderte Pneus, die der Unfallverursacher geladen hatten, brannten. Die Decke stürzte auf einer Länge von 100 Meter ein. Elf Personen verloren ihr Leben. Nach dem Brand wurde die Tunnelinfrastruktur optimiert, um die Sicherheit im Tunnel zu erhöhen.

Tessiner Wirtschaft bedroht

Box aufklappen Box zuklappen

Der Direktor der Tessiner Wirtschaftskammer, Luca Albertoni, zeigte sich auf Anfrage gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA besorgt über die Sperrung. Eine potenziell länger dauernde Schliessung des Autotunnels sei für die Tessiner Wirtschaft bedrohlich. Er forderte Bund und Kantone auf, für weitere Zwischenfälle einen «Gotthard-Krisenstab» einzusetzen.

Bereits frühere Sperrungen des Gotthard-Autobahntunnels – vor allem jene von 2001 – hätten enorme wirtschaftliche Auswirkungen gehabt. 2001 seien der Tessiner Wirtschaft durch die Tunnelsperrung über 30 Millionen Franken verloren gegangen. Zahlreiche Firmen im Südkanton seien mit der Deutschschweiz eng verknüpft. Transportketten müssten garantiert und Kosten vorhersehbar sein.

SRF 4 News, 11.9.2023, 2:00 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel