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Scharfe Rhetorik der SVP Thomas Aeschi: «Wir müssen den Bundesrat korrigieren»

SVP-Stimmen bezeichneten die Schweiz in den letzten Tagen wiederholt als «Diktatur» und werfen der Regierung «Alleinherrschaft» vor. Was will die Partei damit bezwecken? Antworten darauf von Nationalrat Thomas Aeschi.

Thomas Aeschi

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Thomas Aeschi, 1979 bei Zug geboren, ist ein Politiker der Schweizerischen Volkspartei SVP. Seit 2011 ist er Nationalrat, seit 2017 Fraktionspräsident der Partei.

SRF News: Was wollen Sie mit ihrer Rhetorik erreichen?

Thomas Aeschi: Die jetzige Lage ist dramatisch: 800'000 Menschen sind in Kurzarbeit, mehrere Hunderttausend Menschen sind bereits arbeitslos. Sie alle wollen wieder arbeiten. Wir müssen hier Druck ausüben auf den Bundesrat, dass diese Menschen zurück an ihre Arbeitsplätze können, wieder Arbeit finden können.

Wir fragten jedoch nach ihrer Rhetorik. Vertreter ihrer Partei sprachen von «Diktatur». Sollte das ernst gemeint sein?

Nun, der Bundesrat hat auf Grundlage des Epidemiengesetzes faktisch alle Kompetenzen. Er kann die wirtschaftliche sowie die persönliche Freiheit massiv einschränken. Hier müssen wir eingreifen als Parlament und den Bundesrat korrigieren.

Es fällt auf, dass Sie sich in der Wortwahl nun betont zurückhalten. Sie hätten die Möglichkeit, dürften hier aber auch betonen, dass die Schweiz eine Demokratie ist...

...wir haben in dieser Pandemie aber eine Alleinherrschaft des Bundesrates während der letzten Monate.

Wir haben in dieser Pandemie eine Alleinherrschaft des Bundesrates.

Alleinherrschaft? Der Bundesrat kann ja noch nicht einmal geschlossene Restaurantterrassen in den Skigebieten durchsetzen.

Aber er fällt sehr willkürliche Entscheide. Ski-Terrassen geschlossen, Bordelle offen, die 5-Personen-Regel zu Hause – das geht alles zu weit und die Massnahmen werden auch immer weniger von der Bevölkerung getragen.

Mit ihrem Widerstand gegen den Bundesrat holen Sie bestimmt Leute ab in ihrem Frust. Das ist auch verständlich. Aber haben Sie wirklich messbare Erfolge mit ihrer aktuellen Linie?

Wir haben gewisse Beitritte zur Partei, doch in erster Linie geht es uns um etwas anderes: Um alle die Menschen, die unbedingt wieder arbeiten wollen. Diese Schicksale gehen mir nahe. Die Leute müssen wieder zurück können, zurück an ihren Arbeitsplatz.

Kritik ist immer legitim. Doch die Frage ist, wie man sie äussert. Sie fischen mit Begriffen wie «Diktatur» und «Alleinherrschaft» in einem Teich mit Verschwörungstheoretikern und Extremisten. Wollen Sie diese wirklich auf ihrer Seite?

Ich glaube nicht, dass das stimmt. Ich bekomme Zuschriften von normalen Bürgern, die mich darin bestärken, auf die Regierung Druck auszuüben. Die sagen: Wir wollen zurück in die Normalität. Es könne doch nicht sein, dass uns der Gesamtbundesrat dermassen einschränkt. Ein Gesamtbundesrat, in dem unsere SVP-Vertretung in der Minderheit ist.

Und man muss sehen: Die Zahlen sind inzwischen so tief. Alle Indikatoren sind unter den Werten, die der Bundesrat selbst definiert hat. Wir sollten diesen Lockdown nun wirklich beenden.

Ich bin überzeugt, dass der Bundesrat in der Frühlingssession einlenken wird.

Sie äussern Kritik an der Regierung, wir stellen kritische Fragen. Beides wäre in einer Diktatur nicht möglich. Aber wohin eine dermassen zündelnde Rhetorik führen kann, sieht man doch am Beispiel USA und Trump. Da fielen auch immer Begriffe wie «Wahlbetrug» und «Diktatur» und plötzlich ist es beim Kapitol-Sturm eskaliert. Wenn man zündelt und neben dem Benzinfass sitzt, kann es eben «Bumm» machen.

Die USA und die Schweiz haben völlig unterschiedliche politische Systeme, sie können unsere Partei nicht in die Nähe eines Donald Trump rücken. Aber, ich bin überzeugt, dass der Bundesrat in der Frühlingssession einlenken wird. In diesem Sinn wird unsere Politik dann erfolgreich gewesen sein – dann werden wir unsere Wortwahl auch wieder mässigen können.

Das Gespräch führte Arthur Honegger.

10vor10, 26.02.2021, 21.50 Uhr ; 

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