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Schulöffnungen am 11. Mai «Die Rolle der Kinder beim Coronavirus ist nicht restlos geklärt»

Die Kinder seien wirklich nicht die Treiber dieser Epidemie, sagte Daniel Koch vom Bundesamt für Gesundheit gestern vor den Medien zur geplanten Wiedereröffnung von Schulen und sorgte damit für Verwirrung. Es gebe Anzeichen, dass Kinder eine untergeordnete Rolle spielten, doch es bleibe eine Risikoabwägung, sagt Wissenschaftsredaktor Thomas Häusler.

Thomas Häusler

Wissenschaftsredaktor

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Thomas Häusler ist Wissenschaftsredaktor bei SRF. Er hat in Biochemie doktoriert und eine Weiterbildung in Wassermanagement an der Uni Genf absolviert. Seit 2013 ist er Leiter der Wissenschaftsredaktion.

SRF News: SRF News: Ob Kinder Treiber der Epidemie sind, war bislang zumindest umstritten. Hat sich daran etwas geändert?

Thomas Häusler: Grundlegend hat sich daran nichts geändert. Man weiss einfach vieles noch nicht über das neue Virus. Die Schulen hat man relativ rasch geschlossen, ohne zu wissen, ob das tatsächlich etwas bringt. Die Schweizer Behörden wie auch jene anderer Länder stützten sich dabei wohl vor allem auf Erfahrungen mit der saisonalen Grippe. Von dort ist bekannt, dass Schulschliessungen manchmal wirken können.

Mittlerweile gibt es aber Anzeichen, dass die Kinder bei der Übertragung des Coronavirus eine untergeordnete Rolle spielen. Dann bringt es nichts, die Schulen zu schliessen und sie zu öffnen schadet nichts. Aber ganz sicher ist das nach Einschätzung der Epidemiologen nicht.

Mittlerweile gibt es aber Anzeichen, dass die Kinder bei der Übertragung des Coronavirus eine untergeordnete Rolle spielen.

Trotz offensichtlich dünner wissenschaftlicher Basis wagen es die Behörden am 11. Mai. Ist das also eine reine Risikoabwägung angesichts der tiefen Fallzahlen?

Ja. Solche Risikoabwägungen braucht es bei all denn Lockerungen, die nun kommen. Es sei für Gesellschaft sehr wichtig, dass die Schulen funktionierten, betonte auch der Epidemiologe in der Corona-Taskforce des Bundes, Christian Althaus. Denn die Kinder müssen ja gut lernen können, und ihre Eltern müssen wieder arbeiten können. Für die Kinder selbst ist das Risiko wohl wirklich klein. Wenn sie angesteckt werden, verläuft die Krankheit allermeisten mild.

Wann würde sich zeigen, dass das Risiko unterschätzt hat?

Laut dem Epidemiologen Althaus würde das nicht sofort sichtbar. Denn aktuell gibt es relativ wenige Ansteckungen. Bis sich Kinder angesteckt haben und diese dann wieder Erwachsene und bis dann Risikopatienten in Spital kommen, würde es dauern. Laut Althaus ist vorstellbar, dass innerhalb eines Monats etwas erkennbar wäre. Gleichzeitig werden mit den Schulen am 11. Mai auch viele Geschäfte wieder geöffnet. Es wird also nicht ganz klar sein, aufgrund welcher Ursache die Epidemie allenfalls wieder schlimmer wird.

Kann an Schulen ein Zwei-Meter-Abstand überhaupt eingehalten werden?

Die Schulen werden wohl ziemlich pragmatisch vorgehen müssen. Sie können Veranstaltungen vermeiden und allenfalls einzelne Klassen in den Pausen trennen. Schützen müssen sich wohl auch vor allem jene Lehrpersonen, die zu einer Risikogruppe zählen, etwa mit Masken. Weiterhin schützen müssen sich sicher auch die Grosseltern. Das betont Epidemiologe Althaus ganz deutlich. Wieder normal wird die Welt der Kinder am 11. Mai also noch lange nicht sein.

Das Gespräch führte Roger Brändlin.

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