Der Erdrutsch oberhalb von Schwanden von August 2023 sei ein «nichtvorhersehbares Naturereignis» gewesen. Zu diesem Schluss kommt ein Gutachten, welches die Glarnersach, die Gebäudeversicherung im Kanton Glarus, in Auftrag gegeben hatte.
Die geologischen Rahmenbedingungen sind extrem komplex, was die Ereignisse zu nichtvorhersehbaren Naturereignissen macht.
Die Versicherung wollte insbesondere wissen, ob bei der Sanierung der Strasse ins Niederental Fehler passiert sind. Die Strasse quert das Erdrutschgebiet gleich mehrmals. Die Gemeinde Glarus Süd sanierte sie 2021 für mehrere Millionen Franken. Für die Sanierung wurden zahlreiche Verankerungen in den Fels getrieben, Sicherheitsnetze gespannt und Bäume gerodet.
Der Untergrund sei durch diese baulichen Massnahmen nicht derart verändert worden, dass ein Erdrutsch begünstigt worden wäre, sagt die Gutachterin Anita Lutz. «Der Erdrutsch fing zudem unterhalb der sanierten Strasse an und ist hinauf gewandert und nicht umgekehrt.»
Bei der Sanierung der Strasse hätten die Baufirmen zudem alle Massnahmen zur Entwässerung des Bodens und zur Sicherung des Hangs korrekt umgesetzt. Es seien keine Verantwortlichkeiten verletzt worden, heisst es im Bericht.
Für das Gutachten sichtete die Expertengruppe in den letzten Monaten rund 2000 zur Verfügung gestellte Dokumente und Fotos. Zudem führte sie mit den Unternehmen Gespräche, welche an der Sanierung beteiligt waren.
Vorläufige Schadensbilanz
«Aufgrund des Gutachtens sehen wir keinen Anlass für rechtliche Schritte oder Regressansprüche», sagt Marco Rimini von der Glarnersach. Die Versicherung beziffert die Schäden an Gebäuden auf 25 Millionen Franken.
Die Schäden seien gedeckt. Die Abwicklung der Fälle laufe unabhängig vom heute präsentierten Gutachten.
Geologisch einzigartig
Auch Teil des Gutachterteams war der Geologe Markus Liniger. Er sagt: «Geologisch ist Schwanden ein äusserst interessanter Fall.»
Ein Faktor sei die Lage der sogenannten Glarner Hauptüberschiebung, eine mehrere Kilometer lange Linie im Gestein, welche aus Kalk und Wasser besteht. Diese befindet sich genau dort, wo der Hang ins Rutschen geriet. «Bisher vermutete man diese viel tiefer», sagt Liniger.
Zudem dürfte ein Erdbeben in Elm im Herbst 2020 dafür gesorgt haben, dass sich der Boden in Schwanden verschoben hat. Auch das habe die Wasserwege im Untergrund beeinflusst. Der Hang konnte sich an dieser Stelle mit Wasser vollsauen und rutschte ab.
Der Geologe bezeichnet den Rutsch in Schwanden als historisch. «Durch dieses Zusammenspiel ist plötzlich etwas passiert, was die Schweiz erwiesenermassen noch nie erlebt hat.»