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Ansicht eines Schweizer Milchbetriebs
Legende: Vor acht Jahren gab es in der Schweiz knapp 30‘000 Milchbauern, heute sind es noch 22‘000. Keystone

Schweiz Angst vor einer europäischen Milchschwemme

Schweizer Milchbauern beargwöhnen den Wegfall der Milchquoten in der EU. Sie fürchten, dass dadurch der Schweizer Milchpreis unter Druck geraten könnte. Sollte es soweit kommen, könnten weitere Milchwirtschaftsbetriebe verschwinden.

Seit Anfang April gibt es in der EU keine Milchquoten mehr. Die Bauern dürfen nun so viel Milch produzieren, wie sie wollen. Einige Landwirte befürchten, dass dadurch neue Milchseen entstehen werden, andere bleiben gelassen.

Auch aus der Schweiz wird die Entwicklung in der EU genau verfolgt. Denn die Milchpreise der Europäischen Union wirken sich auf die Schweizer Produktion aus. Der Vizedirektor der Schweizerischen Milchproduzenten SMP, Stephan Hagenbuch, fasst den Sachverhalt wie folgt zusammen: «Der EU-Milchpreis ist zentral weil wir beim Käse offene Grenzen haben.»

Billige EU-Milch setzt Schweizer Käseproduzenten unter Druck

Wenn in der EU der Milchpreis fällt, sinken die Preise für die europäischen Käse. Diese landen dann billiger in den Schweizer Supermarktregalen und zwingen Schweizer Käseproduzenten, ebenfalls ihre Preise senken. Sie tun das, indem sie den Milchbauern weniger bezahlen.

Wegen dieses Zusammenhangs von EU- und Schweizer Milchpreis blicken die Bauern in der Schweiz mit einiger Sorge auf die Entwicklung in der EU. Die Abschaffung der Milchkontingente in der Schweiz vor acht Jahren ist ihnen lebhaft in Erinnerung geblieben. Damals brach der Milchpreis um 10 bis 15 Prozent ein. Eine ähnliche Entwicklung könnte sich nun auch in der EU vollziehen – mit den genannten Folgen für die Schweizer Milchproduzenten.

Harter Franken macht Schweizer Käse teuer

Die Abschaffung der EU-Milchquoten ist nicht das einzige Thema, das die Schweizer Milchproduzenten umtreibt. Die Aufgabe des Euro-Mindestkurses durch die Nationalbank hat den Schweizer Käse im Export auf einen Schlag um 10 – 15 Prozent verteuert. Der importierte Käse verbilligte sich umgekehrt im selben Masse. Laut Hagenbuch belastet die parallele Entwicklung die Branche sehr: «Jetzt haben wir zwei Komponenten. Der EU-Milchmarkt und der Welt-Milchmarkt sind in einem Tief. Jetzt kommt aber auch der Frankenkurs dazu und das tut zusätzlich weh.»

Besonders ungemütlich ist die Lage für jene Produzenten, die lediglich Industriemilch herstellen. Jene Milch also, die, grob vereinfacht, für Massenkäse, Joghurts und Milchpulver verwendet wird, nicht aber für die hochpreisigen Sorten Emmentaler, Gruyère und Sbrinz. Diese Industriemilch-Produzenten müssen im teuren Schweizer Umfeld versuchen, mit den viel günstiger produzierenden EU-Konkurrenten Schritt zu halten.

Mengenwachstum als Krisenstrategie

Um sich gegenüber den EU-Produzenten zu behaupten, behelfen sich einige Schweizer Milchbauern mit Mengenwachstum: Den Hof des Nachbarn übernehmen, wenn der nicht mehr weitermachen will. Dass sich die Strategie einiger Beliebtheit erfreut, zeigt die schwindende Zahl der Milchproduzenten. Immer weniger Produzenten produzieren mit immer weniger Milchkühen die gleiche Milchmenge wie noch vor acht Jahren.

Für Stefan Hagenbuch ist der Rückgang der Zahl der Milchproduzenten nicht nur auf den sinkenden Milchpreis zurückzuführen: «Der Strukturwandel findet laufend statt. Die Frage ist, ob mehr oder weniger.» Sinken die Milchpreise, geben mehr Betriebe auf, als wenn die Preise steigen. Aber unter dem Strich gibt es immer weniger Betriebe. Vor 8 Jahren gab es knapp 30‘000 Milchbauern, jetzt sind es noch 22‘000.

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