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Schweiz – EU Bund zieht positive Bilanz zur Personenfreizügigkeit

  • Die Personenfreizügigkeit mit der EU bewährt sich aus Sicht des Staatssekretariats für Wirtschaft.
  • Inländische Arbeitskräfte werden laut einem Bericht nicht verdrängt, vielmehr wird das Angebot an Arbeitskräften ergänzt.
  • Für die Sozialwerke ergibt sich demnach insgesamt keine Mehrbelastung.

Vertreter des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) und der Sozialpartner stellten die Ergebnisse des jährlichen Berichts zu den Auswirkungen der Personenfreizügigkeit auf Arbeitsmarkt und Sozialwerke vor. Insgesamt handelte es sich um den 21. derartigen Bericht.

Person hält Schweizer und EU-Flagge auf Wiese.
Legende: Nach Ansicht des Seco, sind die bilateralen Verträge mit der EU keine Mehrbelastung für den Schweizer Arbeitsmarkt. Keystone/MARTIN RUETSCHI

EU-Bürger kämen in erster Linie in die Schweiz, um zu arbeiten, lautet das Fazit des Berichts. Angesichts der demografischen Alterung solle der Arbeitsmarkt auch in Zukunft offen und integrativ bleiben, argumentierte das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco).

Die Nettozuwanderung aus Europa in die ständige Schweizer Wohnbevölkerung betrug letztes Jahr 53'700 Personen, rund 10'000 weniger als 2023.

Die starke Zuwanderung in den Arbeitsmarkt in den letzten Jahren ging dem Jahresbericht zufolge für die Schweizer Erwerbsbevölkerung mit einer dauerhaft niedrigen Arbeitslosenquote und einer höheren Erwerbsquote einher.

Mann im Anzug spricht vor unscharfem Hintergrund.
Legende: Der Leiter der Direktion für Arbeit, Jérôme Cosandey, betont, dass die Personen, welche zuwandern, hier einem Job nachgehen. Keystone/Peter Schneider

Die Zuwanderung aus der EU ergänze also die einheimische Erwerbsbevölkerung und ersetze sie nicht, so das Seco. Die Zuwanderung helfe auch, die demografische Alterung zu bremsen.

Die Zuwanderung entwickle sich zum grossen Teil parallel zur Entwicklung der Wirtschaft, betonte Jérôme Cosandey, Leiter der Direktion für Arbeit im Seco: «Die Leute kommen in die Schweiz, um einem Job nachzugehen.»

Die ausländischen Arbeitskräfte bringen genau das mit, was wirklich gebraucht wird.
Autor: Roland Müller Direktor des Schweizerischen Arbeitgeberverbands

Cosandey legte dar, die Erwerbsquote von Frauen sei bei der einheimischen Bevölkerung seit 2010 stark gestiegen. Bei den Männern sei sie konstant hoch geblieben, und bei älteren Arbeitnehmenden habe es ebenfalls einen Anstieg gegeben.

Mann mit Brille und Anzug vor beschriftetem Hintergrund.
Legende: Für den Direktor des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes, Roland Müller, ist langfristig eine Erhöhung des Rentenalters nicht zu vermeiden. Keystone/Peter Schneider

Schweizer Unternehmen rekrutierten auch in der EU, um Arbeitskräfte im Gastgewerbe, im Baugewerbe und in der Industrie zu finden, unterstreicht der Bericht. In diesen Branchen reichten die einheimischen Arbeitskräfte nicht mehr aus. Die Schweizer Wirtschaft brauche diese Mitarbeitenden, hob Cosandey hervor.

Müller: «Rentenaltererhöhung langfristig unumgänglich»

«Die ausländischen Arbeitskräfte bringen genau das mit, was wirklich gebraucht wird», sagte Roland Müller, der Direktor des Schweizerischen Arbeitgeberverbands. Die Zuwanderung trage entscheidend dazu bei, dass der Alltag in der Schweiz funktioniere.

Die AHV profitiert

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In Bezug auf die finanzielle Situation der Sozialwerke habe die Personenfreizügigkeit je nach Versicherung unterschiedliche Auswirkungen, schreibt das Seco weiter.

Demnach zahlen Zugewanderte aus der EU und den Efta-Staaten anteilsmässig deutlich mehr an Beiträgen in die AHV ein, als sie an Leistungen beziehen.

Umgekehrt verhalte es sich bei der Arbeitslosenversicherung, hiess es. Grund ist laut dem Seco, dass viele Zugewanderte in Branchen arbeiteten, in denen die Beschäftigungsstabilität gering ist. Dies betrifft etwa Bereiche, in denen Saisonstellen üblich sind.

Die Austritte aus dem Arbeitsmarkt seien aber zu zahlreich, um allein durch Migration kompensiert zu werden, so Müller. Langfristig werde man um eine Erhöhung des Rentenalters nicht herumkommen.

Die Personenfreizügigkeit mit wirksamem Lohnschutz bewährt sich besser als Kontingentsysteme.
Autor: Daniel Lampart Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes

Unternehmen seien auf Planungssicherheit angewiesen, sagte Müller weiter. Die bilateralen Verträge mit der EU seien dabei zentral.

Das Niveau der Diskussion über die Personenfreizügigkeit sei bedenklich, kritisierte Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB). Es werde Kritik geübt, ohne dass eine Alternative aufgezeigt werde.

Lächelnder Mann mit Brille in Anzug.
Legende: Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, zeigt sich entrüstet, auf welchem Niveau die Diskussion um die Personenfreizügigkeit geführt werde. Keystone/Peter Schneider

Die Personenfreizügigkeit mit wirksamem Lohnschutz bewähre sich besser als Kontingentsysteme, unterstrich Lampart. Er verwies darauf, dass Kontingente in der Vergangenheit zu unwürdigen Arbeitsbedingungen und Integrationsproblemen geführt hätten.

Thema bei neuen EU-Verträgen

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Generell erzielen Bürgerinnen und Bürger von Mitgliedstaaten der EU und der Efta gemäss dem Seco bei ähnlichen Merkmalen im Durchschnitt ähnliche Löhne wie Schweizerinnen und Schweizer. Ein höheres Risiko für tiefere Löhne bei Grenzgängern besteht allerdings im Tessin. Auch im Jurabogen sehe man teils markante Unterschiede, während in Genf, der Nordwestschweiz und in der Ostschweiz kaum eine Differenz erkennbar sei, führte Jérôme Cosandey vom Seco aus.

Das bestehende Abkommen über die Personenfreizügigkeit wird im Rahmen der Verhandlungen mit der EU angepasst. Der Bundesrat und die Sozialpartner haben sich auf Massnahmen geeinigt, um das Schweizer Lohnniveau zu schützen.

Die Gleichung «Personenfreizügigkeit gleich hohe Immigration» sei «kreuzfalsch», so Lampart. Er forderte, die konkreten Probleme der Menschen zu lösen, insbesondere bei der Lohnentwicklung.

Im Detail

SRF 4 News, 01.07.2025, 11 Uhr ; 

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