Die Genfer Schüler wird es freuen. Einige haben am Dienstagnachmittag keinen Unterricht. Denn ihre Lehrer gehen auf die Strasse.
Der Kanton muss sparen und gleichzeitig 300 neue Stellen in Schulen und Gefängnissen schaffen. Eine Rechnung, die für die Regierung nur aufgeht, wenn man die jährlichen Lohnerhöhungen des Personals streicht.
Um den Schuldenberg von über 12 Milliarden Franken in den Griff zu bekommen, müsse man die Ausgaben reduzieren, sagte der Genfer Regierungspräsident François Longchamp. Dass die Löhne der Angestellten der Öffentlichen Dienste nächstes Jahr gleich bleiben, sei nicht schlimm, fährt er fort.
An der Einnahmenseite schrauben
Das sehen die Gewerkschaften anders. Sie stören sich daran, dass man an den Ausgaben schraubt, nicht aber an den Steuereinnahmen, sagt Davide de Filippo von der Gewerkschaft für das Staatspersonal. Deswegen gingen sie heute Nachmittag auf die Strassen.
Nur ein Monat ist es her, seit die Angestellten des Öffentlichen Verkehrs streikten, auch damals wegen Budget-Kürzungen. Sind die Genfer Funktionäre nun auf den Geschmack gekommen? Ja, meint der Gewerkschafter De Filippo – auch wenn die Lehrer wohl nicht ganz so konsequent streiken würden wie die Chauffeure.
Streikende Staatsangestellte: Es scheint als sei der Arbeitsfrieden in Genf gefährdet. Sozialpartnerschaften seien ein Mythos. Soziale Errungenschaften seien nur dank Streiks erreicht worden, sagt De Filippo.
Die Fronten sind in Genf verhärtete. Der Grund dafür sei nicht unbedingt die Lohndebatte, meint Ivan Slatkin, der für die FDP in der Finanzkommission sitzt.
Vor vollendete Tatsachen gestellt
Das Problem sei, dass die Regierung die Angestellten vor die Fakten stelle, und nicht über die Lohnerhöhungen diskutieren wolle. Dennoch ein Streik ist auch für Slatkin übertrieben. Oder vielleicht doch nicht, überlegt er, weil der Streik eben das einzige Mittel der Staatsangestellten sei, um sich bei der Regierung Gehör zu verschaffen.
Slatkins Zögern zeigt das Unbehagen der FDP – der Genfer Regierungspartei – mit diesen Protesten. Das meint auch der Wirtschaftssoziologe Daniel Oesch: «Die FDP ist die grösste Partei im Parlament in Genf, ist die dominierende Partei im Regierungsrat. Und sie hat den Draht zu den Staatsdienern verloren.» Deshalb wehren die sich nun auf der Strasse.