Die Attentate in Frankreich und in Kopenhagen deuteten darauf hin, dass auch die Schweiz Schauplatz eines Anschlags werden könnte. Dies stellt die Task Force des Bundes zur Bekämpfung von dschihadistisch motiviertem Terrorismus in ihrem ersten Bericht fest. Die laufende internationale Militärintervention gegen den Islamischen Staat verschärfe das Risiko terroristischer Akte in Europa zusätzlich.
Radikalisierung im Stillen
«Die Bedrohungslage war schon vor Paris hoch. Abstrakt, aber hoch. Das heisst, man muss davon ausgehen, dass ebensolche solche Anschläge wie in Paris oder Kopenhagen auch in der Schweiz passieren könnten», sagt Markus Seiler, Chef des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB).
Umso wichtiger wäre es, potentielle Attentäter oder sogenannten «Dschihad-Reisende», die aus der Schweiz zum Beispiel nach Syrien oder in den Irak reisen, frühzeitig erkennen zu können.
Doch das sei eine grosse Herausforderung, stellt der Bericht der Task Force fest. Die Terroristen radikalisierten sich in vollständiger Verschwiegenheit, vor allem über soziale Medien wie Facebook oder Youtube - unbemerkt von ihrem Umfeld.
Die Entdeckung werde zusätzlich erschwert, weil sich die Terroristen kaum vorbereiteten und auf Materialien des täglichen Gebrauchs zurückgriffen, die etwa zu Sprengstoff verarbeitet werden könnten. Entsprechend schwierig sei es, mutmassliche Dschihad-Reisende aufzuspüren.
Auch ohne Hotline gehen viele Hinweise ein
Die Radikalisierung erfolge also oft allein oder in kleinen Gruppen und ohne Kontakte zu einer übergeordneten Organisation, betont Seiler. Man so vor allem auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen. Die Einrichtung einer Hotline wird deshalb seit längerer Zeit geprüft.
Doch lässt die Task Force durchblicken, dass sie von einer solchen Massnahme nicht überzeugt ist. Denn bereits heute gelangten schon sehr viele Hinweise aus der Bevölkerung an die Behörden, sagt Seiler: «Wir sehen auch, dass gerade Nachbarstaaten mit diesen Hotlines einen grossen Aufwand hatten, aber nicht unbedingt einen grossen Zusatznutzen.»
Und auch bei einem Ausreiseverbot für potentielle Dschihad-Reisende erkennt man gravierende Nachteile. «Wenn man einer Person ein Ausreiseverbot auferlegt oder den Pass wegnimmt, heisst das noch lange nicht, dass sie nicht ausreisen kann», gibt die Direktorin des Bundesamtes für Polizei Fedpol, Nicoletta della Valle, zu bedenken. Der Weg nach Syrien sei auch gut auf dem Landweg und ohne Pass möglich.
Della Valle setzt deshalb eher auf die Bündelung der vorhandenen Kräfte und die bessere Ausnutzung der bestehenden gesetzlichen Grundlagen: «Wir halten nichts von symbolischen Massnahmen, die keine Wirksamkeit haben und nur viele Ressourcen binden.» Die Schweiz sei ein Rechtsstaat und kein Polizeistaat.