«Peer» bedeutet gleichrangig, «Review» heisst Gutachten. In einer «Peer Review» begutachten also Fachkräfte auf gleicher Stufe die Arbeit anderer Fachkräfte. Die Universitätsklinik Basel war eines der ersten Spitäler, das 2012 dieses Verfahren für die Herz- und Viszeralchirurgie eingeführt hat.
«Ausgezeichnete» Erfahrungen
Werner Kübler, Klinikdirektor und Vizepräsident des Spitalverbands H+, zieht eine positive Bilanz: «Unsere Erfahrungen sind ausgezeichnet.» Die internationalen Experten hätten die Fälle in einer «sehr kollegialen Art» untersucht und für Verbesserungsmassnahmen sehr gute Vorschläge gemacht.
Diese hätten sich auch umsetzen lassen. So habe man zum Beispiel bei den Medikamenten, welche die Herzfunktion am besten unterstützen, die Standards nach dem Gutachten der Ärztekollegen angepasst.
Auch die Pflege wird nun untersucht
Bei den Spital-«Peer Reviews» haben bisher jeweils Chefärzte aus Spitälern, die nicht in Konkurrenz stehen, die Arbeit von anderen Chefärzten begutachtet. In diesem Jahr werden in vier Spitälern – davon zwei in der Romandie – erstmals Pflegefachleute einbezogen.
Drei Pflegefachpersonen erhielten daher im Bereich «Peer Review» die gleiche Ausbildung wie die Ärzte. «Qualität und Sicherheit in der Medizin hängen immer stärker auch von der guten Zusammenarbeit unter den verschiedenen Berufsgruppen ab», begründet Kübler die Neuerung.
Spital-Hierarchie als Problem?
Patientenorganisationen begrüssen den Versuch. Für Margrit Leuthold, Präsidentin der Stiftung Patientensicherheit, zeigt allein die Stossrichtung, dass es der Spitalverband mit besserer Qualität ernst meint.
Skeptisch bleibt dagegen Margrit Kessler. Sie ist Präsidentin des Schweizerischen Patientenschutzes und grünliberale Nationalrätin. Sie bezweifelt, dass sich alle Ärzte von Pflegefachpersonen kritisieren lassen: Die hierarchischen Strukturen in Spitälern seien enorm ausgeprägt. Deshalb: «Ich kann mir kaum vorstellen, dass das wirklich funktioniert.»
Diese Problematik ist auch H+-Vizepräsident Kübler bewusst. Die vier Pilotprojekte würden zeigen, ob man die Hierarchie-Hürden überwinden könne. Er hofft, dass dies auch in Deutschland geschieht, wo die Hierarchien in den Spitälern eine noch grössere Rolle spielten.
Sehr aufwendiges Verfahren
Denn weil die «Peer Review»-Verfahren aufwendig sind, braucht man auch Kollegen aus Deutschland. «Das sind Vollprofis in ihren Berufen in ihren Spitälern», betont er. Sie müssten sich die Zeit für die Gutachten Zeit nehmen, in die Schweiz reisen und die dafür notwendigen Gespräche führen, betont der Klinikdirektor. Deshalb könne man pro Jahr und Spital nur ein solches Verfahren durchführen.
Insgesamt sind in diesem Jahr zwölf «Peer Reviews» in der Schweiz geplant. Darunter sind auch die vier erwähnten Pilotprojekte, welche die Pflegefachleute einschliessen. Nach der Pilotphase soll das neue interprofessionelle Verfahren ab 2016 landesweit eingeführt werden – auf freiwilliger Basis.