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Schweiz Ohne Deutsch keine Arbeitsintegration

Von den fast 3000 Asylsuchenden im Juli 2014 stammt der grösste Teil aus Eritrea. Das ist nicht unproblematisch, denn deren Integration verläuft oft nicht wie gewünscht, sagt die Leiterin der Fachstelle für Integration des Kantons Zürich. Die Sprache ist für Eritreer eine grosse Hürde.

SRF: Warum verläuft die Integration von Menschen aus Eritrea manchmal harzig?

Julia Morais

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Morais ist Leiterin der Fachstelle für Integration des Kantons Zürich seit 2007. Seit ihrem Amtsantritt erfolgte ein Strategiewechsel zu einer Integrationsförderung nach dem Prinzip «Fördern & Fordern».

Julia Morais: Da sind zuerst einmal die Deutschkenntnisse. Viele von den Eritreern kommen traumatisiert in der Schweiz an. Sie haben nach eigenen Erklärungen den Kopf nicht frei, um sich hier die Sprachkenntnisse anzueignen, damit sie nachher eine Arbeitsstelle finden können.

Sie sprechen die Jobs an. Im Kanton Zürich zum Beispiel hatte nur ein Fünftel der Eritreer eine Arbeitstelle, siebzig Prozent sind von der Sozialhilfe abhängig. Warum ist die Arbeitsintegration so kompliziert?

Einerseits sind viele junge Familien betroffen. Die Frauen müssen sich um die Kindererziehung kümmern. Erschwerend kommt dazu, dass Kinderbetreuungsplätze häufig fehlen. Andererseits ist es wie gesagt die Sprache. Man kann ohne genügend Deutschkenntnisse in fast keinem Arbeitsintegrationsprogramm Fuss fassen, so dass man nachher auch den Schritt in den ersten Arbeitsmarkt schafft.

Fällt es den Menschen aus Eritrea schwerer, die Sprache zu erlenen als anderen Flüchtlingsgruppen?

Es kommt auf den Bildungsstand an. Auch bei den Eritreern gibt es Leute, die eine gute Bildung haben und hierherkommen. Denen fällt es entsprechend einfacher, hier die Sprache zu lernen. Bei den Somalis beispielsweise haben wir viele Leute, die bereits italienisch können und das vereinfacht es. Aber gerade bei den Eritreern ist das Sprache-Erlernen wirklich schwierig.

Gibt es neben den Gutausgebildeten auch Analphabeten?

Das gibt es, aber es ist nicht unbedingt auffällig. In Somalia zum Beispiel, da ist der Staat seit Jahren destabilisiert, es gibt keinerlei Schulen. Dort war die Analphabetenquote sehr auffällig, vor allem unter den Frauen. Bei den Eritreern hingegen ist es verschieden, einerseits kommen ganz schlecht gebildete Leute, andererseits Personen mit einer anständigen Bildung.

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Wie hoch ist der Prozentsatz der Gebildeten?

Ich würde sagen, ein Viertel ist gut gebildet, drei Viertel weniger gut. Es kommt aber drauf an, wie man Bildung definiert. Ein Studium in Eritrea wird hier häufig nicht anerkannt. Es hat ein ganz anderes Niveau als ein Schweizer Studium oder ein Studium in der EU.

Sehen Sie eine Chance, dass diese Menschen in der Schweizer Gesellschaft ankommen können?

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Ich gebe die Hoffnung nicht auf. Ich denke aber, dass wir einiges ändern müssen. Wir müssen viel engmaschiger mit den Menschen arbeiten und ihnen persönliche Coaches zur Seite stellen. Diese können sie vor allem in der ersten Zeit beanspruchen. Dieses System gibt es in Schweden schon seit Jahren. Dort bekommt jeder Flüchtling für drei Jahre einen Coach zur Seite gestellt. Das hat sich bewährt. Die Sozialdienste bei uns sind überlastet. Diese Leute brauchen aber eine viel engere Begleitung als zum Beispiel ein Schweizer, der in die Sozialhilfe abrutscht.

Das Gespräch führte Anna Lemmenmeier.

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