SRF News: Jugendliche zwischen 10 und 14 Jahren treiben weniger Sport als noch vor sechs Jahren. Was heisst das für Sie?
Jérome Hübscher: Für uns heisst das, dass wir die Angebote immer wieder anpassen und sich die Jugendriegen stets neu einstellen müssen. Gerade im Teenager-Alter ist es schwierig, die Kinder zu behalten. Hier müssen wir immer wieder nach neuen Lösungen suchen.
Sie bauen das Angebot laufend aus, auch um mit der Konkurrenz mithalten zu können. Welche Aktivitäten bieten Sie konkret neu an?
Einerseits versuchen wir, im wettkampforientierten Sport die Disziplinen attraktiver und einfacher zu gestalten. Und im nicht-wettkampforientierten Bereich haben wir Zusatzangebote. Diese greifen verschiedene Disziplinen auf, zusätzlich zu den traditionellen Sportarten, die wir bereits anbieten; zum Beispiel Parkour und Tanz.
Knaben üben oft mehrere Sportarten parallel aus. Sie spielen Fussball oder betreiben Kampfsport. Mädchen hingegen wollen eher tanzen, turnen oder reiten. Was unternehmen Sie, damit die Mädchenriege attraktiv bleibt?
Insgesamt haben wir etwa 70 Prozent Mädchen und 30 Prozent Knaben in den Jugendriegen. Die Konkurrenz durch andere Sportangebote spüren wir also vor allem bei den Knaben. Als Schweizerischer Turnverband haben wir die gute Ausgangslage, dass wir sehr viele Sportarten anbieten und immer wieder neue Trends einbringen können. Primär sind wir wettkampforientiert. Auch hier gilt es, die Anlässe immer wieder anzupassen, damit es für die Jugendlichen attraktiv bleibt.
Möchten sich die Jugendlichen messen? Steht der Wettkampf also im Vordergrund?
Absolut. Wir haben festgestellt, dass sich die Jugendlichen messen wollen und auch in den Trainings der Leistungsgedanke da ist.
Jugendriegen stehen auch in Konkurrenz zu Computern und sozialen Medien. In welcher Form ist das spürbar?
Wir versuchen, Gegensteuer zu geben, in dem wir aufzeigen, dass der Umgang mit anderen Kindern und die Trainings attraktiv sind, und man nicht nur auf Computerspiele und solche Dinge setzen sollte.
Die Studie zeigt, dass Mädchen mit Migrationshintergrund weniger sportlich aktiv sind. Versuchen Sie, gezielt Kinder und Jugendliche anzusprechen, die noch nicht in einem Sportverein dabei sind?
Wir haben hier schon diverse Anstrengungen unternommen, doch die Zahlen bleiben unverändert: Der Anteil an Kindern, die keinen Sport betreiben, bleibt immer gleich gross. Es ist schwierig, sie für eine Sportart zu begeistern, auch über die Kommunikation mit den Eltern. Das heisst, die total sportlich Untätigen sind schwer zu motivieren. Wogegen diejenigen, die schon Sport machen, immer mehr machen wollen und Freude an der Bewegung haben.
Bei einem Verein dabei sein, heisst auch, sich über den Sport hinaus zu engagieren. Ist die Bereitschaft unter den Jugendlichen da?
Ja, das spüren wir. Diejenigen, die kommen, sind sehr engagiert. Es gibt aber auch immer mehr verschiedene Modelle von Vereinen. Es ist nicht zwingend so, dass man sich immer weiter engagieren muss. Aber bei den Jugendlichen sehen wir hier nicht so ein grosses Problem.
Gibt es einen Unterschied zwischen Jugendlichen auf dem Land und in der Stadt? Sind Sportvereine auf dem Land beliebter?
Ob sie beliebter sind, ist schwer zu beurteilen. Wir haben festgestellt, dass wir in den ländlichen Regionen sehr konstante oder leicht zunehmende Zahlen haben. In den Städten ist es wahrscheinlich aufgrund des grösseren Angebots schwierig, diese Zahlen hoch zu halten.
Das Gespräch führte Brigitte Kramer.