Wenn eine selbstständige Pflegefachfrau einen Patienten in dessen Wohnung pflegt, braucht sie dafür bisher eine ärztliche Verordnung. Die nationalrätliche Gesundheitskommission will dies nun ändern. Pflegefachleute sollen ihre Arbeit auch ohne Verordnung leisten können. Damit wird ein Anliegen der Pflegerinnen und Pfleger erfüllt. Dennoch ist Yvonne Ribi, Geschäftsführerin des Schweizer Berufsverbandes der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK), nicht ganz zufrieden: «Das Glas ist halb voll.»
Durch die Abschaffung der ärztlichen Verordnung würde der Beruf der Pflegefachpersonen aufgewertet, sagt Ribi. Dass sie sich trotzdem nicht nur freut, liegt an zwei Bedingungen, welche die Gesundheitskommission an die Aufwertung des Pflegeberufes knüpft. Zum einen soll die neue Regelung auf sechs Jahre befristet sein. Zum anderen soll der sogenannte Vertragszwang aufgehoben werden – die Krankenkassen müssten künftig nicht mehr mit allen Pflegefachpersonen einen Vertrag abschliessen.
Befürchtung: zu viele Leistungen
Der Grund für diese Forderung der Kommission: Sie befürchtet, dass die Kosten steigen könnten, wenn die Pflegefachpersonen selbstständig abrechnen dürfen. «Wenn man bestimmt, welche Leistung man erbringt, und diese dann selbst abrechnet, besteht die Gefahr, dass man zu viele Leistungen macht», sagt Kommissionspräsident und FDP-Nationalrat Ignazio Cassis. Schliesslich habe man dafür einen finanziellen Anreiz.
Yvonne Ribi vom SBK winkt ab – die Befürchtung sei übertrieben. Erhebungen des Verbandes würden zeigen, dass nur vier Prozent der Pflegeleistungen im ambulanten Bereich – also bei Patientinnen und Patienten zu Hause – von freiberuflichen Pflegefachleuten erbracht würden. «Das ist der falsche Ort, um die Sparschraube anzuziehen.»
Widerstand der Pflegefachpersonen
Nun kommt die Vorlage ins Parlament. Wenn die Pflegefachpersonen am Ende zwar mehr Kompetenzen erhalten, aber dafür die Sicherheit des Vertragszwanges verlieren, werden sie Widerstand leisten.