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Schweiz «Schutzmachtmandate gehören der Vergangenheit an»

Die Schweiz hat in den letzten 50 Jahren die Interessen der USA in Kuba und umgekehrt vertreten. Ihre guten Dienste sind dort bald nicht mehr nötig, dafür aber andernorts und in anderer Form, wie der Schweizer Chefdiplomat Yves Rossier im Gespräch erklärt.

Yves Rossier

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Porträt von Staatssekretär Yves Rossier

Der Freiburger Jurist kehrte 2012 als Staatssekretär ins Aussendepartement zurück, wo er zu Beginn seiner Karriere bereits als diplomatischer Stratege gewirkt hatte. Dazwischen baute Yves Rossier die Eidgenössische Spielbankenkommission auf und leitete sie, bis er 2004 als Direktor des Bundesamts für Sozialversicherungen berufen wurde.

SRF: Seit 1961 versucht die Schweiz als sogenannte Schutzmacht Kontakte zwischen Kuba und den USA aufrecht zu erhalten. Jetzt wollen die beiden Länder wieder bilaterale Beziehungen aufnehmen. Was heisst das für die Schweiz?

Yves Rossier: Wenn die beiden Länder ihre formellen Beziehungen wieder aufnehmen, ist unsere Rolle zu Ende. Darüber sind wir aber sehr froh, denn wenn sich die Beziehungen normalisieren, ist das nicht nur ein Plus für die beiden Länder, sondern auch für die ganze Region.

Spielte die Schweiz am Schluss eine gar nicht mehr so wichtige Rolle?

Auf politischer Ebene überhaupt nicht mehr. Das hatte sich schon 1977 geändert. Wir schritten noch im Konsularbereich ein, weil die beiden Länder keine gegenseitigen formellen Vertretungen mehr hatten. Das lässt sich überhaupt nicht vergleichen etwa mit unserer Rolle zwischen Iran und den Vereinigten Staaten, die kaum direkte Kontakte haben. Dort sind wir viel, viel aktiver.

Will die Schweiz in Zukunft noch eine stärkere Rolle im Bereich gute Dienste und Schutzmachtmandate spielen?

Ja, selbstverständlich. Das ist auch unser Auftrag: Friedenspolitik, das Engagement für diese Politik, für die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht. Es gibt zig Beispiele solcher Dienste, die die Schweiz geleistet hat. Manchmal sind wir aktiv zwischen Staaten, zwischen Gruppen und Staaten und manchmal zwischen bewaffneten Gruppen. Von gewissen Aktionen reden wir aber nicht, weil man von uns Diskretion erwartet. Das ist auch ein Grund, warum man sich an uns wendet. Ich habe den Eindruck, dass man sich heute für solche Dienste öfter an uns wendet als zuvor. Die Formen unserer Aktivitäten sind sehr unterschiedlich.

Die Schutzmachtmandate geben der Schweiz künftig nicht mehr so viel zu tun. Wenn Kuba und die USA wegfallen, sind es noch vier: Iran in Ägypten, USA in Iran, Russland in Georgien und Georgien in Russland.

Heute vermitteln wir eher zwischen Kriegsparteien. Fragen des humanitären Völkerrechts und des humanitären Zugangs werden immer wichtiger, etwa wie man dringend benötigte humanitäre Hilfe zu einer Bevölkerung in Not bringt. Heute stehen solche Engagements im Zeichen der Zeit. Schutzmachtmandate, bei denen zwei Staaten keine formelle Beziehung haben und einer zwischen den beiden pendelt, gehören wohl der Vergangenheit an. Das wichtigste Mandat, das wir noch haben und wofür wir sehr viel arbeiten, ist jenes zwischen Iran und den USA. Aber wir hoffen, dass man uns auch dort einmal nicht mehr braucht. Denn, wenn sich eine Beziehung normalisiert, ist es immer im Interesse der beiden betroffenen Staaten und auch der Region.

Das Gespräch führte Géraldine Eicher

Kuba und USA – Ein 50-jähriger Konflikt

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