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Schweiz Schweizer Nachrichtendienst erneut im Zwielicht

Das Gebräu um Weinpanscherei und Steuerhinterziehung rund um den Walliser Weinhändler Giroud hat ein weiteres Gärmittel: Auch ein Mitarbeiter des Nachrichtendienstes des Bundes soll verwickelt sein. Der Mann soll privat gehandelt haben, rückt den Nachrichtendienst aber erneut ins schiefe Licht.

Wenn es um Spionage und Schnüffelei geht, schnellt das Empörungsbarometer beim Grünen Nationalrat Balthasar Glättli rasch in die Höhe. Auch jetzt. «Ein Skandal erster Güte zeichnet sich da ab. Der Nachrichtendienst ist in eine Affäre involviert, in der versucht wird, die Pressefreiheit zu untergraben.»

«Nachrichtendienstchef hat seinen Laden nicht im Griff»

Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) stellte bereits am Donnerstag klar: Er habe nichts mit der Sache zu tun. Für Balthasar Glättli hingegen ist das nicht so klar.

Der grüne Nationalrat erinnert an die letzte Affäre beim Nachrichtendienst: Beim Datendiebstahl vor zwei Jahren flog auf, dass ein NDB-Mitarbeiter gigantische Mengen geheimer Daten geklaut hatte. Für Glättli zeigt die neue Affäre, dass NDB-Chef Markus Seiler seiner Aufgabe nicht gewachsen sei. «Er hat seinen Laden nicht im Griff.» Er würde die Sicherheitsüberprüfung der eigenen Leute nicht seriös und konsequent genug durchziehen.

Audio
Fall Giroud: Nachrichtendienst im Zwielicht
aus Echo der Zeit vom 13.06.2014. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 55 Sekunden.

Betroffener Mitarbeiter als sicher eingestuft

In der Sicherheitsüberprüfung sah die Geschäftsprüfungsdelegation schon bei der Datendiebstahl-Affäre einen wunden Punkt.

Zu viele Mitarbeiter des Nachrichtendienstes hätten die höchste Stufe der Sicherheitsüberprüfung schlicht nicht durchlaufen, schrieb die Aufsichtsbehörde damals.

Im Fall des NDB-Mitarbeiters, der beim Ausschnüffeln von Journalisten beteiligt gewesen sein soll, erklärt NDB-Sprecher Felix Endrich aber: «Der Mitarbeiter hat eine gültige Sicherheitsüberprüfung der höchsten Stufe. Diese Überprüfungen finden in der Regel alle fünf Jahre statt.»

Angehöriger der Pius-Bruderschaft

Der NDB-Mitarbeiter wurde also geprüft und für sicher befunden. Auch dass er Medienberichten zufolge Mitglied der erzkonservativen Pius-Bruderschaft ist, änderte daran offensichtlich nichts.

NDB-Mitarbeiter dürfen Pius-Brüder sein, sagt Felix Endrich vom Nachrichtendienst. «Grundsätzlich gilt in der Schweiz die Religionsfreiheit. Eine politische oder religiöse Ausrichtung eines Mitarbeitenden darf ja keinen Entlassungsgrund sein.»

Religionsfreiheit auch für Geheimdienstler

Etwas differenzierter sieht dies Geheimdienst-Experte Erich Schmidt-Eenboom: «Das ist kritisch.» Aber er schiebt nach: Solange eine Religionsgemeinschaft nicht verboten sei, dürften da auch Geheimdienstler mitmachen.

Für den Nachrichtendienst sei der Vorfall wohl keine Katastrophe. «Es ist kein grosser Skandal, wenn ein Mitarbeiter eines Nachrichtendienstes als Privatmann einem fragwürdigen Bekannten diesen Gefallen tut», so der Experte. «Allerdings muss sich der Nachrichtendienst, wenn er davon Kenntnis bekommen hat, sicherlich von diesem Mitarbeiter trennen.»

Behörden leuchten Fall genau aus

Der Mitarbeiter ist vorläufig freigestellt. Nach jetzigem Kenntnisstand habe er für die Schnüffelaktionen nicht auf Infrastruktur oder Daten des Nachrichtendienstes zurückgegriffen, heisst es beim NDB.

Um die genaue Untersuchung kümmern sich jetzt die Behörden. Politisch hat die Schnüffelaffäre sicher ein Nachspiel. Der Präsident der Geschäftsprüfungsdelegation, CVP-Ständerat Paul Niederberger, betont, es gelte die Unschuldsvermutung. Er hält aber auch fest: «Wenn es tatsächlich so wäre, dann wäre das ein gravierender Fall.»

Er fordert weitere Informationen an, damit die Geschäftsprüfungsdelegation den Fall untersuchen kann. Zum Thema wird die Affäre ohnehin sicher schon bald wieder: wenn das Parlament das neue Nachrichtendienstgesetz berät. Dieses sieht unter anderem vor, dass der Nachrichtendienst in Computer eindringen darf. Genau das also, was der NDB-Mitarbeiter jetzt bei Journalisten veranlasst haben soll.

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