Eine Spur der Verwüstung in der Innenstadt: Was Bern am vergangenen Wochenende erlebte, kannte Zürich bis vor einigen Jahren auch – von den gefürchteten «Nachdemos» an den Feierlichkeiten zum 1. Mai. Die Ereignisse gleichen sich: Auch in Zürich demonstrierten jeweils tausende Menschen friedlich, bis sich der Schwarze Block und Mitläufer formierten und stundenlange Strassenschlachten mit der Polizei provozierten.
In den letzten vier Jahren ist es am 1. Mai allerdings ruhig geblieben. Der scheidende Stadtzürcher Sicherheitsdirektor Daniel Leupi zog letzte Woche zufrieden Bilanz: «Ich habe den 1. Mai sicherheitspolitisch saniert.» Und weiter: «Der letzte 1. Mai wurde als der friedlichste der letzten 30 Jahre bezeichnet.»
Null-Toleranz macht Demos kontrollierbar
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Leupis Rezept: Er hat – zusammen mit dem Kanton – die Polizeipräsenz am Anlass erhöht und eine Null-Toleranz-Strategie verordnet. Die zusätzlichen Polizisten beobachten die Menschenmenge genau und machen Videoaufnahmen. Viele arbeiten in zivilen Kleidern. Beim kleinsten Anzeichen, dass jemand Krawall machen könnte, greifen sie ein und nehmen die Verdächtigen fest. Schaulustige weisen sie konsequent weg.
Ob das auch ein Rezept für die Stadt Bern wäre? Von Radio SRF darauf angesprochen, sagt der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause, vieles davon setze man in Bern schon um. Doch vergleichbar seien die Anlässe kaum: «Tanz dich frei» war aus Nauses Sicht «kein 1. Mai mit 500 Chaoten», sondern ein friedliches Fest von Tausenden.
Etwa 200 gewaltbereite Personen hätten sich gezielt in dieser Menge versteckt. Nause wählt deutliche Worte: «Das hat es so, in dieser Ausprägung, vermutlich noch gar nie gegeben.»
Ruhiger 1. Mai kostet eine Million Franken
Eine Lösung, um solches zu verhindern, wird die Berner Regierung finden müssen. Sehr wahrscheinlich wird sie viel kosten. Zumindest in Zürich war es so: Die Stadt hat sich die Ruhe am 1. Mai teuer erkauft. Der Polizeieinsatz für die traditionelle Feier kostet mittlerweile rund eine Million Franken.
Auch andere Städte betroffen?
Auch der Schweizerische Städteverband will über die Bücher. Verbandsdirektorin Renate Amstutz sagt, man werde nun Beispiele aus verschiedenen Städten analysieren. Rasch sollen mögliche Massnahmen präsentiert werden. Allerdings: «Ich glaube nicht, dass es einfache Lösungen gibt – wir wollen alle keinen Überwachungsstaat.»
Amstutz sieht – wie Berns Sicherheitsdirektor Reto Nause – in den sozialen Medien wie Facebook ein Problem. Heute könnten anonym sehr rasch sehr grosse Menschenmengen für eine Veranstaltung mobilisiert werden. Dabei hätten die Behörden auf Seiten der Organisatoren keine Ansprechpartner. Dies führe zu schwierigen juristischen Problemen, etwa wenn über diese Medien zu Gewalt aufgerufen werde, sagt Amstutz.