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Schweizer Universitäten Weniger Geisteswissenschafts-Studierende: Unis relativieren

Die Zahl der Studierenden in den Geisteswissenschaften hat abgenommen – teils zeichnet sich aber eine Wende ab.

Die Anzahl Studierender in den Sozial- und Geisteswissenschaften ist in den letzten rund 10 Jahren gesunken. Das zeigten kürzlich Zahlen des Bundesamtes für Statistik. Fakt ist: Klassische geisteswissenschaftliche Disziplinen haben teils an Interesse eingebüsst. Fakt ist aber auch: schwarz-weiss ist das Bild nicht.

Das Bild ist nicht einheitlich

Sehr wohl haben die Studierendenzahlen in manchen Fächern abgenommen: Beispielsweise teilt die Universität Bern auf Anfrage von Radio SRF mit, dass die Anzahl Studierender an der Philosophisch-historischen Fakultät zwischen 2013 und 2022 um 23 Prozent zurückgegangen sei, während die Studierendenzahlen an der gesamten Universität (ohne Weiterbildung) um neun Prozent gestiegen seien.

Leerer Stuhl vor Büchergestell.
Legende: Die Hochphase des Interesses an klassischen Geisteswissenschaften scheint vorüber zu sein. Doch schaut man genauer hin, ergibt sich ein uneinheitliches Bild. Das Foto zeigt das Arbeitszimmer von Thomas Mann im Thomas-Mann-Archiv in Zürich. Keystone / Christof Schürpf

Vom Rückgang betroffen seien   von den grossen Fächern primär Germanistik (-32%), Geschichte (-33%) und Kunstgeschichte (-33%). Unter den kleinen Fächern hätten vor allem Iberische Philologie (-56%) und Slawistik (-50%) markante Abschläge zu verzeichnen. Ungefähr gleich sei die Zahl von Studentinnen und Studenten der Archäologie oder auch der Philosophie – auch wenn letztere Schwankungen unterlegen sei.

Die Universität Bern verweist aber darauf, dass diese Zahlen zuletzt wieder angestiegen seien – teilweise gar markant: Im Falle etwa von Geschichte oder Germanistik sei es im letzten Herbst zu einem Anstieg an Neueinschreibungen von 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr gekommen.

Auch die Universität Zürich relativiert die Berichterstattung, dass Geisteswissenschaften generell an Interessens- und Bedeutungsschwund leiden würden. Katharina Michaelowa, Dekanin der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich, sagt, dass es bei einigen Studiengängen wie beispielsweise Germanistik zwar tatsächlich zu einer Abnahme gekommen sei.

Studiengänge werden diverser

Andererseits aber habe sich das Fächerspektrum aufgesplittet. Das bedeutet, dass Studierende heute mehr Optionen haben und sich diverser ausbilden können, was auch von der Wirtschaft nachgefragt werde. Zum Beispiel sind Sprachwissenschaftler bei grossen Sprachmodellen im Bereich der Künstlichen Intelligenz gefragt oder bei der Demenzforschung in der Medizin.

Pipette und Gläschen in Nahaufnahme.
Legende: Während die Studierendenzahlen bei einigen Fächern abnehmen, nehmen sie bei anderen zu: An der Uni Bern auf Stufe Bachelor etwa haben Pharmazeutische Wissenschaften oder Humanmedizin in den letzten zehn Jahren sehr stark zugelegt. Keystone / Christian Beutler

Und wenn sich jemand für einen neuartigen, spezialisierteren oder interdisziplinären Studiengang entscheide, werde sie oder er das vermutlich auf Kosten des klassischen Studiengangs machen. Ausserdem sei in manchen Geisteswissenschaften der Andrang zeitweise so gross gewesen, dass die Universitäten gar nicht mehr nachgekommen seien. So sei man mit den Zahlen bei der Kommunikations­wissenschaft oder der Psychologie derzeit sehr zufrieden, so Michaelowa.

Dennoch drohen aufgrund des Studierendenrückgangs in manchen klassischen Studiengängen Engpässe in der Berufswelt, beispielsweise bei Lehrerinnen und Lehrern für den Französisch-, Englisch- oder auch den Deutschunterricht. So könnte sich der Rückgang der Studierendenzahlen langfristig negativ auf den Bildungs- und Kultursektor auswirken, wie die Uni Bern schreibt.

Eingang zum Kollegienhaus der Universität Basel.
Legende: Studierende an Schweizer Universitäten entscheiden sich vermehrt für berufsorientierte Studiengänge. Hier im Bild das Kollegienhaus der Universität Basel. Keystone / Georgios Kefalas

Wenn sich Studierendenzahlen nachhaltig verändern, also entweder sinken oder steigen, dann habe dies auch Konsequenzen auf die Mittel, die eingesetzt werden, wie die Universität Basel unter anderem gegenüber Radio SRF mitteilt. So hätten Fächer, die in den letzten Jahren zugelegt haben, mithin Professuren gewonnen.

Die Gründe für die schwindenden Zahlen

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Grundsätzlich handelt es sich bei der partiellen Abnahme der Studierendenzahlen in den Geisteswissenschaften um ein internationales Phänomen, wie aus Fachkreisen unisono zu hören ist.

Auf die Schweiz bezogen aber sei hier einerseits eine Konkurrenz unter den Fachhochschulen auszumachen, so die Uni Basel. Ausserdem wechselten Studentinnen und Studenten heutzutage vermehrt in berufsorientierte Fächer. Auch die bereits genannte Ausdifferenzierung der Studiengänge dürfte hier mitwirken.

Die Uni Bern sieht einen möglichen Grund unter anderem in den langfristigen Auswirkungen der Corona-Pandemie: In einer Zeit von Krisen entschieden sich junge Studierende vermehrt für Fächer, die als direkt gesellschaftlich nützlich und sozialorientiert wahrgenommen werden.

«Die soziale Bedeutung eines Studiums der Geisteswissenschaften und eine kulturwissenschaftlich breite und historisch tiefe Grundlagenreflexion unserer globalen Gegenwart durch die aktuellen Krisen scheint bei einer jüngeren Generation in den Hintergrund gerückt zu sein. Davon profitieren zum Beispiel die Fächer Psychologie, Medizin oder Informatik», so die Uni.

Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 01.03.2024, 06:31 Uhr ; 

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