Nein, das Bundeshaus ist keine Wohlfühloase. Egal, ob es um die AHV, die Armee oder den Autobahnausbau geht: Es wird gestritten, bis sich die Ratsbalken biegen (oder auch mal ein Glas Weisswein getrunken, während drinnen über den Borkenkäfer verhandelt wird).
Mit heiligem Zorn verlässt aber selten jemand das Bundeshaus. Ständeratspräsident Andrea Caroni sagte es zum Abschluss der Sommersession so: «Auch wenn in einem Rededuell mal rhetorisch eine scharfe Kugel fliegt, geben sich die Pistoleros gleich wieder die Hand.»
Und wenn es High Noon wird, schiessen die Revolverhelden auch gerne mal schneller als ihr Schatten. Denn wenn die Beratungen nicht bis zum Mittag abgeschlossen sind, droht eine Nachmittagssitzung.
Caroni sprach ein Sonderlob an den ehemaligen SVP-Präsidenten aus, der sich wie ein Winkelried vor die hungrigen Räte warf: «Gestern konnten wir einen parlamentarischen Allzeit-Schnellsprechrekord von Herrn Chiesa erleben!»
«Und noch dazu haben wir erlebt, wie ausgerechnet die Herren Sommaruga und Broulis freiwillig auf Voten verzichtet haben», freute sich der Appenzeller Ratspräsident. Sehr zur Belustigung seiner Kolleginnen und Kollegen.
Caroni bedankte sich für die «Akte der Freundschaft» im Rat und schickte seine Kolleginnen und Kollegen in die politische Sommerpause. Die übrigens wohlverdient ist, trotz der augenzwinkernden Worte des Ratspräsidenten über das zeitige Ausstempeln. An der Sommersession wurden nämlich gewichtige Vorlagen ins Ziel gebracht.
Erkenntnisse vom Rednerpult
Ob abgesprochen oder nicht, auch Nationalratspräsidentin Maja Riniker lieferte eine Art vorgezogene 1.-August-Rede: «Ich habe Freude, wenn ich sehe, wie wir hier im Saal unabhängig von der politischen Couleur miteinander umgehen.»
Von ihrem Rednerpult aus sehe sie sehr genau, «wer den Berichterstattern Kaffee ans Pult bringt, wer wem die Türe aufhält, weil die Rollstuhlfahrer in den Saal müssen. Und ich sehe, wer wen aufmuntert, tröstet, oder auch wer wem freudig auf die Schultern klopft.» Riniker selbst verteilte erst gestern Glace an die Räte – ihr war eine Abstimmung durch die Lappen gegangen.
Bevor es allzu harmonisch wurde, erinnerte Riniker ihre Kolleginnen und Kollegen daran, sich in den Sommerferien «noch einmal die Beschlüsse und Praktiken des Büros zu Gemüte zu führen.» Na danke …
Um ihre Strandlektüre sind unsere Volksvertreter zwar nicht zu beneiden. Dafür aber – mit Blick auf die Wirren der Weltpolitik – um ihren Umgang miteinander.
