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Sensationsfund Wie ein 12-Jähriger das älteste Werkzeug der Schweiz fand

Ein 300'000 Jahre alter Faustkeil ragte bei Pratteln aus dem Boden. Gefunden hat ihn ein 12-Jähriger vor 50 Jahren.

Christoph Hauser streift südlich von Pratteln umher. Der 12-Jährige interessiert sich für Steine und sucht nach Fossilien. Plötzlich sieht er an einer Wegböschung einen noch halbwegs in der Erde steckenden Stein. Farbe und Gestalt findet der Schüler speziell. Er nimmt ihn mit.

Junge sitzt am Tisch. In der einen hand hält er einen Stein, mit der andern stützt er seinen Kopf auf.
Legende: Christoph Hauser mit seinem Sensationsfund im Februar 1974 in Pratteln. zVg

Das war 1974. Gefunden hatte Christoph Hauser aber nicht nur einen etwas ausgefallenen Stein: Er hatte einen «Sensationsfund» gemacht. Das sagt der Archäologe Jürg Sedlmeier: «Einen solchen Glücksfall gibts vielleicht alle 100 Jahre.»

Der Schüler hatte nämlich einen Faustkeil entdeckt, der zwischen 270'000 und 400'000 Jahre alt ist. Hergestellt wurde er aus Silexknollen, also aus Feuerstein. Dieser Stein kommt nur wenige Kilometer vom Fundort in Lausen vor.

Homo ergaster, Homo erectus und Neandertaler arbeiteten damit

Faustkeile finde man hierzulande selten, sagt Sedlmeier. Die Gletscher der letzten Eiszeit hätten alles unter sich zerrieben. Weil die Vergletscherung in der Region Basel aber nicht sehr stark war, blieb Hausers Keil fast so, wie ihn ein Homo erectus gemacht hatte.

Vor Hunderttausenden von Jahren ging er mit dem Speer auf die Jagd und erlegte beispielsweise Wildpferde. Mit dem Faustkeil zerlegte er danach seine Beute. Der Faustkeil war sein Universalwerkzeug.

Universalwerkzeug der Steinzeit

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Der Faustkeil war das Multifunktionswerkzeug der Steinzeit. Mit ihm konnten die Vorfahren des Menschen die Jagdbeute zerlegen, Knochen abschaben, Nüsse knacken oder den Keil als Schlachtmesser benutzen. Erfunden hatte ihn der Homo ergaster vor etwa 2 Millionen Jahren.

Erfunden hatte den Faustkeil der Homo ergaster. Nach ihm benutzten ihn auch der Homo erectus und später der Neandertaler. Selbst der Homo sapiens, also der moderne Mensch, arbeitete noch mit ihm. «Dann kam ein ausgeklügelteres Werkzeug», erzählt Sedlmeier, «die Klinge.» Fortan benutzten die Menschen keine Faustkeile mehr.

Aus einem Stein wird eine emotionale Geschichte

Der Fund von Pratteln ist auch nach 50 Jahren noch eine Sensation. SRF wollte den Fund deshalb thematisieren und suchte dafür den Mann, der ihn gefunden hatte. Ihm liess man ausrichten, er solle sich melden.

Ich glaube, mein Vater wäre stolz gewesen.
Autor: Dominik Hauser Sohn des Finders

Kurz darauf meldete sich ein Herr Hauser. Er sei der Sohn des Finders, sagte er. Sein Vater sei kurz zuvor gestorben. Trotz Trauer lud er den Journalisten zu sich ein: «Ich glaube, mein Vater wäre stolz gewesen», sagt Dominik Hauser. Ob er gerne selbst ein Interview gegeben hätte, wisse er nicht: «Mein Vater war ein scheuer Mensch.»

Christoph Hauser sei zeitlebens mit dem Museum Baselland im Austausch geblieben, erzählt Dominik Hauser. Ins Museum Baselland kam der Stein nämlich nach dem Fund. Und seither ist er dort prominent ausgestellt. Denn auch in den vergangenen Jahrzehnten gab es in der Schweiz keinen vergleichbaren Fund: Noch immer ist der Faustkeil von Pratteln das älteste je in der Schweiz gefundene Werkzeug.

Regionaljournal Basel, 24.2.2024, 17:30 Uhr ; 

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