Am Anfang dieser Initiative stand ein umstrittener Koffer: Unterrichtsmaterial für den Sexualkundeunterricht an Basler Schulen. Einige Utensilien darin – Geschlechtsteile aus Plüsch und Holz – lösten einen Proteststurm aus und mündeten in einer Volksinitiative: Sexualkundeunterricht an der Schule soll nur freiwillig und überhaupt erst ab dem neunten Altersjahr erlaubt sein.
Ausnahmen erlaubt
Richtig, findet SVP-Nationalrat Felix Müri: «Die Beeinflussung des Sexualverhaltens der Kinder und fragwürdige Sexualerziehung müssen unbedingt verhindert werden.»
Zwei Ausnahmen macht die Initiative: Damit Kinder vor Missbrauch besser geschützt sind, soll ab dem Kindergarten präventiver Unterricht erteilt werden können. Und im Fach Biologie dürfte ab dem vollendeten zwölften Altersjahr über Fortpflanzung gesprochen werden. Alle anderen sexualkundlichen Inhalte wären im Pflichtunterricht verboten.
«Märchen vom Storch ist unverantwortlich»
Die Sozialdemokratin Martina Munz findet das unverantwortlich. «Es wäre höchst fahrlässig, die Schulen zu verpflichten, dieses Märchen vom Storch als Aufklärungslektion im Lehrplan zu verankern.»
Das ist wie wenn Sie über Landwirtschaftssubventionen sprechen müssten, ohne Wörter wie Kuh oder Milch zu gebrauchen.
Tabus und Prüderie seien kein Schutz vor Übergriffen. Den bösen «schwarzen» Mann gebe es zwar. Aber die meisten sexuellen Übergriffe ereigneten sich innerhalb der Familie oder des Bekanntenkreises. Deswegen dürfe Aufklärung nicht nur Sache der Familie sein. Unaufgeklärte Kinder seien Pädophilen ausgeliefert. Und Prävention ohne Sexualkundeunterricht kann sich Parteikollegin Chantal Galladé nicht vorstellen. «Das ist wie wenn Sie über Landwirtschaftssubventionen sprechen müssten, ohne Wörter wie Kuh oder Milch zu gebrauchen.»
Zu viele Kinder haben schon einen psychischen Schaden, weil sie überfordert worden sind.
Anders sieht es Verena Herzog von der SVP. Aufklärung müsse kinds- und altersgerecht in der Familie geschehen. «Zu viele Kinder haben schon einen psychischen Schaden erleiden müssen, weil sie mit Themen aus der Sexualität, die nicht ihrem Alter entsprechen, überfordert worden sind.»
Mit dieser Haltung bleibt die SVP aber allein. Für die Mehrheit im Nationalrat ist klar: Sexualkundeunterricht braucht es zum Schutz vor Übergriffen, vor Jugendschwangerschaften und sexuell übertragbaren Krankheiten. Das können die Schulen sensibel und altersgerecht vermitteln – und die Privatsphäre der Familie respektieren.