Zum Inhalt springen

SGB-Chefökonom im Interview Daniel Lampart: «Statt Lockdown bei Schutzkonzepten nachbessern»

Der Gewerkschaftsbund kämpft gegen einen zweiten Shutdown. Der sei viel zu schädlich für Wirtschaft und Arbeitsplätze.

Die Corona-Fallzahlen in der Schweiz steigen, die Massnahmen zur weiteren Verbreitung des Virus werden verschärft. Ein landesweiter Mini-Lockdown steht im Raum. Daniel Lampart, der Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, ist alarmiert. Er kann sich ein erneutes Herunterfahren der Wirtschaft nicht vorstellen, wie er in der «Samstagsrundschau» von Radio SRF sagte.

«Leute müssen überleben können»

Eine solche radikale Massnahme wäre viel zu schädlich für die Wirtschaft und die Arbeitsplätze, gibt Lampart zu bedenken. Es würde mitunter wieder das Gastgewerbe und den Kulturbereich treffen – Leute also, die schon länger leiden. Der Beschluss weiterer Massnahmen sei eine anspruchsvolle Gratwanderung und man müsse das Optimum finden. «Dass das Gesundheitswesen funktioniert und die Leute möglichst gesund sind – aber auch, dass die Leute überleben und einigermassen erträglich leben können im Berufsalltag.»

Meine Überzeugung ist, dass die Schutzkonzepte eine grosse Wirkung haben – aber man muss schauen, dass sie überall eingehalten werden.
Autor: Daniel Lampart Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes SGB

Statt auf weitere Einschränkungen setzt der SGB-Chefökonom auf die Schutzkonzepte. «Meine Überzeugung ist, dass die Schutzkonzepte eine grosse Wirkung haben – aber man muss schauen, dass sie überall eingehalten werden», sagt Lampart. Seit Januar sei in Sachen Schutzkonzepte viel passiert in den Firmen. Jene Unternehmen, die das gut einhalten, hätten generell weniger Krankheitsfälle. Zudem sei den ganzen Sommer über voll durchgearbeitet worden, ohne viele Ansteckungen zu haben. Die Konzepte hätten also eine Wirkung, ist Lampart überzeugt.

Schlechte Beispiele bei Firmen und Kantonen

Natürlich gebe es bei den Firmen auch schwarze Schafe. Auch Kantone hätten teilweise mit den Kontrollen nachgelassen. «Das muss sich nun schlagartig ändern», betont Lampart. «Jede Firma muss ein Schutzkonzept haben, und die Kantone müssen prüfen, ob diese auch wirklich eingehalten werden.»

Die Schutzkonzepte müssten nun nötigenfalls nachgebessert werden. Der SGB beobachte etwa, dass die Angestellten sich nun wieder in Pausenräumen aufhalten, oder Bauarbeiter sich an regnerischen Tagen in die engen Baracken zurückziehen. «Das ist ungünstig. Man muss schauen, dass man grössere Pausenräume hat, oder in Schichten Pausen macht. Hier kann man noch nachbessern.»

Ein Lockdown ist wirklich die allerletzte Rettung, wenn es im Gesundheitswesen ganz schlimm werden würde und man sagen muss, jetzt muss man dem alles unterordnen. Aber so weit sind wir nicht.
Autor: Daniel Lampart Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes SGB

Ein Lockdown ist für Lampart nicht der richtige Weg, das sei wie ein Jo-Jo-Effekt: Runterfahren, wieder rauffahren, dann wieder runterfahren. «Ein Lockdown ist wirklich die allerletzte Rettung, wenn es im Gesundheitswesen ganz schlimm werden würde und man sagen muss, jetzt muss man dem alles unterordnen. Aber so weit sind wir nicht», so Lampart.

Bei Lockdown wieder Kurzarbeit

Lampart gibt noch ein anderes Problem zu bedenken. Sollten schärfere Massnahmen folgen und bei den Unternehmen wieder weniger Arbeit und Aufträge eingehen, so müsse wieder Kurzarbeit eingeführt werden – damit die Leute die Stellen behalten können.

«Und man muss schauen, dass die Angestellten den vollen Lohnersatz erhalten». Es treffe ja vor allem die Leute mit unteren Einkommen. Nur noch 80 Prozent des Einkommens zu haben, reiche oftmals nicht mehr aus. «Bei gering Verdienenden muss ein 100 Prozent Ersatz her», stellt Lampart klar.

Samstagsrundschau, 24.10.2020, 12.00 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel