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Situation in den Spitälern Wieder stehen die Spitäler vor grossen Herausforderungen

Es herrscht akut eine Grippewelle in der Schweiz. Die Spitäler sind am Anschlag. Wie schlimm die Lage wirklich ist, sagt der Infektiologe Hansjakob Furrer am Berner Inselspital.

Hansjakob Furrer

Uniklinikdirektor und Chefarzt Infektiologie, Inselspital Bern

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Hansjakob Furrer arbeitet seit 33 Jahren am Inselspital. Zur Insel-Gruppe gehören das Inselspital Bern, das Tiefenauspital Bern, die Spitäler Aarberg, Belp, Münsingen und Riggisberg.

SRF News: Wie macht sich die Grippewelle in den Spitälern bemerkbar?

Hansjakob Furrer: Wie bei allen anderen Spitälern kommen in der Inselgruppe vermehrt Leute auf den Notfall. Es gibt auch Leute, die schwerkrank sind. Das kennen wir von jeder Grippewelle. Dieses Jahr ist es ein bisschen ausgeprägter, weil es noch einen Anteil an Covid-Erkrankungen gibt und weil auch das RS-Virus dazukommt.

Wir konnten in den letzten zwei Wochen durch die Optimierung der Abläufe wieder ein paar geschlossene Betten öffnen.

Dieses Virus betrifft nicht nur Kinder, aber vor allem diese. Doch auch bei Erwachsenen, die schon geschwächt sind, kann es schwere Infektionen auslösen. Das führt zu längeren Wartezeiten auf der Notfallstation. Wenn es schlimm wird, müssen ausgewählte chirurgische Eingriffe verschoben werden.

Manche Schweizer Spitäler haben das Personal aufgestockt, zum Beispiel Neuenburg. Welche Massnahmen haben Sie getroffen oder könnten Sie im Notfall treffen?

Vom Personal her sind wir – wie sehr viele Spitäler – eingeschränkt. Es gibt nicht mehr Pflegepersonal, als wir haben. So kommt es, dass diese Leute unter grossem Druck einen riesigen Einsatz leisten, damit die bestmögliche Versorgung der Patientinnen und Patienten gewährleistet ist. Wir konnten in den letzten zwei Wochen durch die Optimierung der Abläufe wieder ein paar geschlossene Betten öffnen. Aber es ist eine grosse Belastung.

Ist die Situation vergleichbar mit Momenten, als Corona ganz akut war?

Nein. Während der grossen Coronawellen war es deutlich schlimmer. Insbesondere waren auch unsere Intensivstationen sehr überlastet mit den damaligen Coronapatientinnen und -patienten. Das ist heute weniger der Fall. Wir mussten zwar Grippekranke von der Notfallstation auf die Intensivstation verlegen, aber nicht in dem Mass, wie man es von den grossen Coronawellen her kennt.

Wenn man dieses Jahr mit der Zeit vor der Pandemie vergleicht, hört man, dass die Grippewelle für die Jahreszeit eher heftig ausfällt. Was ist anders?

Ich bin mir nicht sicher, ob sie wirklich viel heftiger ausfällt. Was hingegen sicher ist: Verglichen zum Durchschnitt ist sie dieses Jahr früher.

Dieses Jahr ist die Grippewelle früher, und wir können noch nicht beurteilen, ob sie massiver sein wird oder in der Art einer starken Grippewelle in der Vor-Corona-Zeit.

Zwar gab es auch schon früher Grippewellen, die im Dezember begannen. Aber meistens beginnt eine Grippewelle erst nach den Festtagen, Mitte Januar. Dieses Jahr ist sie früher, und wir können noch nicht beurteilen, ob sie massiver sein wird oder in der Art einer starken Grippewelle in der Vor-Corona-Zeit.

International gibt es den Begriff der Tripledemie, Dreifachpandemie. Was heisst diese Kombination für die Gesundheitsversorgung?

Ich möchte nicht den Teufel an die Wand malen. Tripledemie ist ein schöner Modebegriff. Wir stellen uns dieser aktuellen Herausforderung. Diese drei respiratorischen Viren sind da, beim RS und bei der Grippe haben wir eine Zunahme. Es gibt übrigens auch noch andere Viren und längst nicht alles, was die Atemwege betrifft, kommt von einem dieser drei Viren. Wir stellen uns dieser aktuellen Herausforderung.

Womit rechnen Sie für die nächsten Tage und Wochen?

Aufgrund der Erfahrung von Grippeepidemien in anderen Jahren glaube ich, dass die Erkrankungen noch weiter zunehmen und recht hohe Werte erreichen werden. Die Grippe wird sich später zurückbilden, wie wir es von den anderen Grippeepidemien kennen.

Das Gespräch führte Isabelle Maissen.

SRF 4 News, 27. 12.20022, 07:20 uhr ; 

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