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Ski-Streit Asterix Berset, übernehmen Sie!

Bundesrat Berset hat ein «Festtagspaket» geschnürt mit klaren Vorgaben für den Skitourismus. Doch vornehmlich bürgerliche PolitikerInnen aus den Bergkantonen wehren sich. Morgen entscheidet der Bundesrat über Bersets Pläne.

Keine Einschränkungen

Asterix, der gallische Krieger, nimmt vor dem Zusammentreffen mit den Römern einen guten Schluck Zaubertrank. Der gibt ihm übermenschliche Kräfte. Alain Berset könnte die gebrauchen.

Die Präsidenten von FDP und SVP nämlich haben Bersets «Festtagspaket» schon mal zum Abschuss freigegeben, zusammen mit Parlamentariern aus den Tourismuskantonen. Sie wollen keine neuen Einschränkungen für den Wintertourismus, keine Kapazitätsgrenzen für Skigebiete, keine Anordnungen aus Bern. Der Nationalrat bestärkte heute diese Stossrichtung mit 100 zu 80 Stimmen.

Weshalb der Furor gegen Bersets Pläne für Fest- statt Krisentage?

Das schlägt Berset vor:

Laut dem als «vertraulich» klassierten Rundschreiben an die Kantone möchte das BAG Kapazitätsbeschränkungen für Bergbahnen durchsetzen. Das ist keine Horror-Botschaft für Skigebiete. Im Gegenteil: Gäste wollen nicht in volle Gondeln steigen. Man will auch nicht Schulter-an-Schulter anstehen. Und die ausländischen Gäste bleiben zu einem grossen Teil aus. Die Kapazitätsbeschränkung ist ein Asset für die Tourismusorte – sie sollten damit werben, statt sich dagegenzustemmen.

Bersets BAG verlangt von den Sportanlagen, den Personenfluss so zu lenken, dass «der erforderliche Abstand zwischen den Personen eingehalten werden kann.» Nichts sollte für uns alle selbstverständlicher sein.

Der Bundesrat soll weiter das Offenhalten der Skigebiete mit der epidemiologischen Lage verknüpfen können. Wenn das Gesundheitssystem überlastet sei, wenn «das Contact Tracing zusammenbricht» – dann solle der Bundesrat die Bewilligung fürs Skifahren widerrufen können, fordert Bersets Papier. Wer findet das nicht vernünftig? Ausser, dass es dann schon zu spät wäre?

Die dritte Welle verhindern

Die «Drohung» ist auch ein Anreiz für die Tourismuskantone, jetzt die Fallzahlen weiter zu drücken. Graubünden reagiert bereits und schliesst ab Morgen zwei Wochen die Restaurants – lieber jetzt als zwischen Weihnacht und Neujahr.

Um beim Asterix-Bild zu bleiben: Die PolitikerInnen, die sich gegen Bersets Paket stemmen, drohen wie die Römer blind in die (Corona-)Faust zu laufen. Bersets Pläne sind nicht feiges Einknicken vor dem bösen Rom (Italiens Regierungschef schlug als erster vor, Skianlagen zu schliessen), sondern kluges Verhalten.

Sicherer Skispass mit klaren Vorgaben

Und Berset darf eine Mehrheit der Bevölkerung hinter sich wissen: Gemäss dem letzten Monitoring der Forschungsstelle Sotomo sind die Fallzahlen für die meisten Schweizerinnen und Schweizer der wichtigste Faktor für Verhaltensänderungen. Die Slowdown-Massnahmen des Bundesrates von Ende Oktober fanden breite Unterstützung.

Das Monitoring zeigt auch: Die Menschen wollen nicht isoliert zu Hause sitzen – sie wollen raus. Sie werden erst recht raus wollen an den Festtagen, wenn der blaue Himmel über weissen Hängen lockt. Dass der Bund klare Vorschriften erlässt und von den Kantonen die regelmässige Kontrolle der Schutzkonzepte fordert, ist der kritischen Situation angemessen.

Asterix, übernehmen Sie.

Michael Perricone

Chef vom Dienst, SRF Newsroom

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Michael Perricone ist Chef vom Dienst in SRF Newsroom und gibt am Medienausbildungszentrum MAZ einen Kurs für Journalistinnen und Journalisten zum Umgang mit PR. Er hat 2011 als Leiter Ressort Politik bei der «Blick»-Gruppe gearbeitet.

Tagesschau, 19:30 Uhr, 03.12.2020

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