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Sommaruga zur Zukunft der SBB «Ich überlege mir, mehr Geld für den Unterhalt bereitzustellen»

Seit diesem Jahr ist Bundesrätin Sommaruga zuständig für die SBB. Im Interview spricht sie über die Herausforderungen.

Die SBB hat es derzeit schwer. Der tödliche Unfall eines Zugbegleiters vor einem Monat hat sie stark getroffen. Dazu kommen überfüllte Züge, Verspätungen und unzufriedenes Personal – und nun noch der Rücktritt von CEO Andreas Meyer. Politisch verantwortlich für die SBB ist Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga – wie sieht sie die derzeitige Situation?

SRF News: Frau Sommaruga, bedauern Sie den Abgang von Andreas Meyer?

Simonetta Sommaruga: Nach 13 Jahren in einem Job, in dem er sich sehr engagiert hat, habe ich Verständnis dafür, dass er sich eine andere Aufgabe sucht. Er hat mir das ja auch schon Anfang Jahr mitgeteilt. Wichtig ist, dass der Übergang jetzt gut organisiert wird. Das ist die Aufgabe des Verwaltungsrats. Es ist ein Verlust, doch eine Veränderung bringt immer auch Chancen.

Einige sagen, das Verhältnis zwischen Ihnen sei nicht optimal gewesen. Sie wollten ihm beispielsweise den Lohn kürzen. Wie würden Sie Ihr Verhältnis beschreiben?

Unser Verhältnis war professionell und gut. Wir haben uns sehr offen ausgetauscht. Die Lohnfrage ist im Bundesrat dikutiert worden, das war in dem Sinne nichts Neues. Die SBB als Unternehmen ist in den letzten Jahren aber sehr unter Druck gewesen, und davon werden jetzt vielleicht die Folgen sichtbar.

Unter Experten und in den Medien gab es mehr Kritik als Lob an Meyer. Teilen Sie die?

Man wird einem Problem nie gerecht, wenn man alles auf eine Person fokussiert. Der Chef ist selbstverständlich verantwortlich, aber auch der Verwaltungsrat und der Bundesrat, der die Vorgaben gibt.

Simonetta Sommaruga steigt in einen Zug
Legende: Im Jahr 2012 besuchte der Gesamtbundesrat die Baustelle des Gotthard-Basistunnels. Simonetta Sommaruga war damals noch Justizministerin. Keystone

Dass die gestiegenen Anforderungen in Sachen Flexibilität, Effizienz, Digitalisierung etc. Unruhe geschaffen und Mitarbeiter verunsichert haben, ist nicht wirklich überraschend. Das Unternehmen braucht Stabilität und Ruhe, damit es sich wieder auf seine Kernaufgaben konzentrieren kann.

Wie lässt sich das erreichen?

Ich habe etwa dafür gesorgt, dass beim Streit zwischen der SBB und der BLS eine einvernehmliche Lösung gefunden wurde. Ich habe auch beim Regionalverkehr eine Vorgabe gemacht, dass die Gewinne in diesem hochsubventionierten Bereich verbleiben und nicht aus dem System genommen werden. Klare politische Vorgaben dienen der Stabilität.

Reden Sie bei der Nachfolge von Meyer mit?

Es gibt ganz klare Zuständigkeiten zwischen der SBB und dem Bund. Die Wahl des neuen CEO ist Aufgabe des Verwaltungsrats. Aber natürlich unterhalten wir uns im Vorfeld über Vorstellungen zum Profil des Kandidierenden.

Andreas Meyer hat viel Engagement in Zukunftstechnologien wie Apps oder Drohnen gesteckt. Bleibt so etwas wichtig?

Natürlich muss die SBB auf der Höhe der Zeit bleiben, doch sie muss vor allem die wichtigsten Dinge richtig machen. Die Bevölkerung erwartet, sicher und zuverlässig ans Ziel zu kommen, und sie erwartet, dass Züge und Schienen in gutem Zustand sind. Daher überlege ich mir, ob wir mehr Geld für den Unterhalt bereitstellen sollen, nachdem wir in den letzten Jahren mehr in den Ausbau investiert haben.

Welche Vorstellung haben Sie vom Verkehr und von der SBB in zehn oder 20 Jahren, gerade auch im Hinblick auf das Bevölkerungswachstum?

Die Perspektiven werden ja laufend überarbeitet. Ich bin aber aber vor allem dafür, dass sowohl im Bahn- als auch im Strassenverkehr die Infrakstrukturen in gutem Zustand erhalten bleiben. Das darf man nicht unterschätzen. Wir haben heute ein gutes Angebot in der Schweiz und ich wehre mich dagegen, Schiene gegen Strasse auszuspielen.

Das Gespräch führte Hans-Peter Künzi

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