Haben Sie sich schon einmal gewundert, warum direkt am Genfersee so viele Badis mit grossen Schwimmbecken zu finden sind? Es hat mit der Wasserqualität zu tun. Die war in den 1960er-Jahren so schlecht, dass Badehungrige schlicht in die Badeanstalten ausweichen mussten. Zur gleichen Zeit – 1963 – wurde auch die Cipel gegründet, die französisch-schweizerische Kommission zum Schutz des Wassers im Genfersee.
Jean-Luc Loizeau ist Mitglied des wissenschaftlichen Rats der Cipel. Er stellt fest: En Gros kämpft der Genfersee mit den gleichen Herausforderungen wie alle anderen Seen auch. Dazu gehören invasive Arten: Die Quaggamuschel kam 2015 in den Genfersee und bedeckt wohl bald den gesamten Grund. Dazu kommen Mikroverunreinigungen wie Medikamentenreste und kleinste Plastikpartikel. Da die Messmethoden immer genauer werden, findet man auch immer mehr davon. Und schliesslich steigt die Durchschnittstemperatur des Genfersees stetig.
Die Schlussfolgerung des Wissenschaftlers der Universität Genf ist trotz allem: «Dem Genfersee geht es nicht allzu schlecht.» Aber es gebe grosse Fragezeichen, wie dieses Ökosystem auch in Zukunft gesund bleiben könne.
Das lange Warten auf die Durchmischung
Das Wasser im Genfersee hat sich seit elf Jahren nicht mehr vollständig durchmischt. Das Phänomen kennen viele Schweizer Seen: Beim Lago Maggiore ist es bald 18 Jahre her, beim Bodensee sechs, beim Zürichsee drei Jahre. Die Oberfläche eines Sees erwärmt sich im Sommer mehr als sein Grund. Das Resultat sind zwei Wasserschichten – eine wärmere und eine kältere. Die wärmere, obere Schicht enthält mehr Sauerstoff und die kältere, untere Wasserschicht mehr Nährstoffe.
«Dass die beiden Schichten getrennt bleiben, wird über lange Zeit für den Genfersee ein sehr grosses Problem», erklärt Cipel-Präsidentin Nicole Gallina. Denn wenn sich das Wasser mischt, verteilen sich Nährstoffe und Sauerstoff wieder regelmässig im See und er regeneriert sich. Wenn das nicht geschieht, wird oben das Wasser Nährstoffarm und unten gibt es zu wenig Sauerstoff.
«Beides ist schlecht für den See», erklärt die Biologin. «Dazu kommt: Wenn sich das Wasser dann endlich mischt, gelangen auf einen Schlag viele Nährstoffe an die Oberfläche.» Es kann zu Algenbildung kommen, was insbesondere dann problematisch ist, wenn die Algen Giftstoffe produzieren.
Es ist nicht das erste Mal, dass sich das Wasser im Genfersee über ein Jahrzehnt lang nicht mischt. Aber es ist das erste Mal, seit die Folgen des Klimawandels spürbar sind, erklärt Gallina: «Je wärmer die obere Schicht ist, desto unwahrscheinlicher wird eine Durchmischung. Das ist derzeit die grosse Befürchtung.»
Am Genfersee bleibt also derzeit vor allem das Hoffen: Zuerst auf einen richtig kalten Winter, in dem sich die obere Wasserschicht so weit abkühlt, dass sie sich mit der unteren mischt. Und danach die Hoffnung darauf, dass im nährstoffreichen Wasser nicht jene Algen gedeihen, die das Wasser vergiften.