- Die SVP versenkt die Vorlage zur Erhöhung der Krankenkassenfranchisen – gemeinsam mit der Linken im Nationalrat.
- Damit ist auch das von der SP angekündigte Referendum vom Tisch.
- Im Rat wurden Vorwürfe laut, die SVP wolle der SP lediglich ihr Wahlkampfthema abspenstig machen.
Patienten müssen doch nicht 50 Franken mehr aus der eigenen Tasche zahlen, bevor die Krankenkasse einspringt. Der Absturz der Vorlage geht auf eine Kehrtwende der SVP zurück. Diese hatte die Franchisenerhöhung in den Beratungen im Parlament zunächst unterstützt, schwenkte aber kurz vor der Schlussabstimmung um.
Am Mittwoch hatte SVP-Präsident Albert Rösti das Vorhaben, das «Blick Online» publik gemacht hatte, gegenüber SRF bestätigt. Er habe während dieser Session enorm viele Rückmeldungen aus den eigenen Reihen erhalten und sich gefragt, was richtig sei: «Und es ist nicht richtig, dass die Krankenkasse auf Kosten der Kranken saniert wird.»
Es wahlkämpfelet.
Im Rat kam es vor der Abstimmung zu einer emotional geführten Debatte. Leo Müller (CVP/LU) erklärte, dass Massnahmen zur Kostensenkung im Gesundheitswesen nötig seien. Es brauche aber «Opfersymmetrie»: Alle Akteure müssten ihren Beitrag leisten, nicht alleine die Versicherten. Die CVP enthielt sich mehrheitlich der Stimme. Müller forderte, ein «Paket von Kostendämpfungsmassnahmen» auszuarbeiten.
Bürgerliche Vorwürfe an die SVP
Lorenz Hess (BPD/BE) bezeichnete die Links-rechts-Alllianz als «mehr als grotesk»: «Von rechter Seite ist das geradezu verhaltensauffällig», sagte er mit Blick auf das vermeintlich wahltaktische Kalkül der SVP.
Die Haltung der Linken sei wenigstens inhaltlich konsequent. Unabhängig davon gelte es, die Selbstverantwortung der Versicherten zu fördern, um das Kostenwachstum zu bremsen, so der Verwaltungsratspräsident der Visana-Gruppe.
Beat Walti (FDP/ZH) sprach sich für die Vorlage aus. Die Massnahme sei moderat und für die Versicherten zu stemmen: «Eine Ablehnung wäre ein parlamentarisches Trauerspiel.» Von den Bürgerlichen sei zu erwarten, dass sie der Bevölkerung den Sinn der Franchisenerhöhung erklären könnten.
Mit Freunden wie der SVP braucht die FDP keine Feinde mehr.
Zu einem Schlagabtausch kam es zwischen der unheiligen Allianz von SP und SVP. SP-Fraktionschef Roger Nordmann witzelte zu seinen «Interessenverbindungen»: «Ich bin nicht Mitglied bei einer Krankenkasse.»
Danach holte er zur Attacke aus: «Der SVP konnte es mit der Vorlage nicht schnell genug gehen. Jetzt hat sie wegen unserem angekündigten Referendum nicht nur kalte, sondern tiefgefrorene Füsse bekommen.» Das Fazit des SP-Fraktionschefs: «Mit Freunden wie der SVP braucht die FDP keine Feinde mehr.»
Aeschi klagt «Prämiendesaster» der SP an
SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi blies im Rat zum Gegenschlag. Die SP sei «vollkommen ideologisch unterwegs», verlange ständig neue Leistungen vom Staat – auf Kosten der Steuerzahler: «Jetzt lamentieren sie über das von ihr verbrochene Gesundheitssystem.»
Die SVP habe sich immer gegen das «Prämiendesaster» gewehrt, das die Linke seit Jahrzehnten vorantreibe. Es brauche ein Gesamtpaket, bei dem die Pharmaindustrie, Krankenkassen, Kantone und die Versicherten ihren Beitrag leisteten.
Balthasar Glättli (Grüne/ZH) resümierte so trocken wie treffend: «Es wahlkämpfelet.» Und griff zu einer Metapher aus der Sportwelt: «Die SVP macht Pirouetten, da würde ein Eiskunstläufer vor Neid erblassen.»