Einige Meter über dem Betonboden hängt ein Mann buchstäblich in den Seilen. Um ihn zu retten, muss es schnell gehen, ansonsten drohen bleibende Hirnschäden. Ein Kollege klettert zum Verunfallten und bringt ihn sicher wieder zu Boden.
Es ist kein Ernstfall. Die Männer sind Teilnehmer an einem Sicherheitskurs. Sie arbeiten für die Firma Cablex, die für Salt, Sunrise und Swisscom Mobilfunkantennen installiert, wartet und repariert. Alle zwei Jahre müssen die Cablex-Mitarbeitenden einen solchen Kurs absolvieren, damit das Wissen nicht vergessen geht.
Übung in der Halle
Der Kurs wird an einem wettergeschützten Ort durchgeführt: in einer 14 Meter hohen Halle in Zofingen AG. Die Halle habe Vorteile, sagt Raffaele Alberti, einer der Kursleiter: «Es gibt verschiedene Antennentypen in der Halle, da können wir verschiedene Szenarien üben.» Ausserdem sei es gut, wenn die Männer bei solchen Übungen nicht Wind und Wetter ausgesetzt seien und es gebe einen Kursraum, der für die Theorie wichtig sei.
Der andere Kursleiter Kurt Eggenberger betont, dass er seit 26 Jahren rund um Mobilfunkantennen arbeite: «Wir hatten in der Firma noch nie einen Fall, in dem wir jemanden so retten mussten.» Trotzdem will Cablex vorbereitet sein und lässt die Mitarbeitenden Kurse absolvieren.
Ort der Ausbildung ist eine speziell eingerichtete Halle im Zofinger Industriequartier. In der Halle können Ausbildungen und Rettungsübungen in der Höhe durchgeführt werden. Das ist wichtig, denn Unfälle in der Höhe sind gefährlich. Obwohl nur bei 6 Prozent der Berufsunfälle jemand irgendwo hinunterfällt, sind solche Unfälle für fast ein Viertel der laufenden Kosten der Berufsunfallversicherungen verantwortlich.
Deshalb können in der Halle auf einem zwölf Meter hohen Metallgerüst Ausbildungen rund um die persönliche Absturzsicherung absolviert werden. Und es gibt verschiedene Objekte, an denen sich Rettungsübungen durchführen lassen.
Ausbildungshalle in Zofingen AG
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Bild 1 von 5. Am Baukran können Feuerwehren die Bergung eines verunfallten Kranführers üben. Bildquelle: SRF/Andreas Brandt.
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Bild 2 von 5. In der Halle hat es ausserdem ein nachgebautes Einfamilienhaus für Übungen auf dem Dach (links unten) oder den oberen Teil eines Hochspannungsmastens für Rettungsübungen (rechts). Bildquelle: SRF/Andreas Brandt.
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Bild 3 von 5. Solche Tanks gibt es z.B. in der chemischen Industrie, in Brauereien oder Molkereien. Von Zeit zu Zeit muss diese jemand von innen putzen oder warten. Bildquelle: SRF/Andreas Brandt.
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Bild 4 von 5. Der Einstieg durch das Loch im Vordergrund ist eng. Um diese «Arbeit in engen Räumen» zu üben, gibt es in Zofingen in den Tanks grosse Nottüren, die bei Bedarf geöffnet werden können. Bildquelle: SRF/Andreas Brandt.
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Bild 5 von 5. Ins Auge stechen die Gondel und der Helikopter, die vom Dach hängen. Sie werden allerdings nur wenig benutzt, da z.B. die Abwinde des Helikopterrotors nicht simuliert werden können. Bildquelle: SRF/Andreas Brandt.
Alle Übungen können dabei gefahrlos durchgeführt werden. Dies, weil es überall ein zweites Sicherungssystem gibt, an dem alle befestigt sind.
Vorschriften bringen Sicherheit
Das Risiko eines Berufsunfalls hat sich in der Schweiz in den letzten 40 Jahren halbiert. Dies hänge damit zusammen, dass immer weniger Menschen schwerer körperlicher Arbeit, zum Beispiel in einer Fabrik, nachgehen, sagt Christian Michel vom Unfallversicherer Suva. «Aber auch die Prävention in den Betrieben hat sich verbessert, es gibt höhere Sicherheitsstandards und Schulungen.»
Ein Beispiel aus dem Arbeitsalltag ist, dass bei Arbeiten in der Höhe immer mehr Hubarbeitsbühnen zum Einsatz kommen. Diese haben das Arbeiten auf Leitern vielerorts abgelöst. Hallenleiter Stefan Oppliger führt als Beispiel die Fensterreinigung an: «Früher ist die Reinigungskraft aus dem Fenster raus gelehnt, heute werden die Fenster von aussen per Hubarbeitsbühne gereinigt.»
Arbeiten mit Hubarbeitsbühnen statt auf Leitern ist auch bei der Baumpflege, der Fassadenreinigung oder bei Reparaturen an einer Strassenlampe normal geworden.
Doch wer mit einer Hubarbeitsbühne arbeiten will, braucht eine Ausbildung. Deshalb profitiert die Ausbildungshalle in Zofingen von solchen Vorschriften zur Arbeitssicherheit. Genauso wie dem Bedürfnis, Rettungsübungen in der Höhe in einem gesicherten Umfeld zu absolvieren, wie es die Männer von Cablex hier regelmässig tun.