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Spezial-Halle in Zofingen Arbeiten in luftiger Höhe: So werden Unfälle verhindert

280'000 Berufsunfälle gibt es pro Jahr. Damit es weniger werden, braucht es Ausbildungen. Ein Besuch in Zofingen AG.

Einige Meter über dem Betonboden hängt ein Mann buchstäblich in den Seilen. Um ihn zu retten, muss es schnell gehen, ansonsten drohen bleibende Hirnschäden. Ein Kollege klettert zum Verunfallten und bringt ihn sicher wieder zu Boden.

Zwei Arbeiter in Schutzkleidung klettern auf Leiter in Lagerhalle.
Legende: Zwei Männer üben das Bergen eines Verunfallten an einem Mobilfunkmast. SRF/Andreas Brandt

Es ist kein Ernstfall. Die Männer sind Teilnehmer an einem Sicherheitskurs. Sie arbeiten für die Firma Cablex, die für Salt, Sunrise und Swisscom Mobilfunkantennen installiert, wartet und repariert. Alle zwei Jahre müssen die Cablex-Mitarbeitenden einen solchen Kurs absolvieren, damit das Wissen nicht vergessen geht.

Übung in der Halle

Der Kurs wird an einem wettergeschützten Ort durchgeführt: in einer 14 Meter hohen Halle in Zofingen AG. Die Halle habe Vorteile, sagt Raffaele Alberti, einer der Kursleiter: «Es gibt verschiedene Antennentypen in der Halle, da können wir verschiedene Szenarien üben.» Ausserdem sei es gut, wenn die Männer bei solchen Übungen nicht Wind und Wetter ausgesetzt seien und es gebe einen Kursraum, der für die Theorie wichtig sei.

Mann in Kletterausrüstung vor Hebebühne in einer Halle.
Legende: Sicherheitsspezialist Raffaele Alberti von Cablex führt regelmässig Kurse durch, in denen die Cablex-Mitarbeitenden ihr Wissen auffrischen. SRF/Andreas Brandt

Der andere Kursleiter Kurt Eggenberger betont, dass er seit 26 Jahren rund um Mobilfunkantennen arbeite: «Wir hatten in der Firma noch nie einen Fall, in dem wir jemanden so retten mussten.» Trotzdem will Cablex vorbereitet sein und lässt die Mitarbeitenden Kurse absolvieren.

Arbeiter in Sicherungsausrüstung bei Höhenarbeit an Seilbahngondel in Halle.
Legende: Ob die Handgriffe sitzen, wird vom Kursleiter auf einer Hebebühne kontrolliert. SRF/Andreas Brandt

Ort der Ausbildung ist eine speziell eingerichtete Halle im Zofinger Industriequartier. In der Halle können Ausbildungen und Rettungsübungen in der Höhe durchgeführt werden. Das ist wichtig, denn Unfälle in der Höhe sind gefährlich. Obwohl nur bei 6 Prozent der Berufsunfälle jemand irgendwo hinunterfällt, sind solche Unfälle für fast ein Viertel der laufenden Kosten der Berufsunfallversicherungen verantwortlich.

Deshalb können in der Halle auf einem zwölf Meter hohen Metallgerüst Ausbildungen rund um die persönliche Absturzsicherung absolviert werden. Und es gibt verschiedene Objekte, an denen sich Rettungsübungen durchführen lassen.

Ausbildungshalle in Zofingen AG

Alle Übungen können dabei gefahrlos durchgeführt werden. Dies, weil es überall ein zweites Sicherungssystem gibt, an dem alle befestigt sind.

Vorschriften bringen Sicherheit

Das Risiko eines Berufsunfalls hat sich in der Schweiz in den letzten 40 Jahren halbiert. Dies hänge damit zusammen, dass immer weniger Menschen schwerer körperlicher Arbeit, zum Beispiel in einer Fabrik, nachgehen, sagt Christian Michel vom Unfallversicherer Suva. «Aber auch die Prävention in den Betrieben hat sich verbessert, es gibt höhere Sicherheitsstandards und Schulungen.»

280'000 Berufsunfälle pro Jahr

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In der Schweiz kommt es pro Jahr zu rund 280'000 Berufsunfällen. Dies zeigt die Unfallversicherungsstatistik.

Jedes Jahr sterben bei Arbeitsunfällen in der Schweiz etwa 80 Personen. In den 1980er Jahren wurden noch 200 tödliche Unfälle am Arbeitsplatz registriert.

Seit Mitte der 2000er-Jahre sterben in der Schweiz mehr Personen in Folge einer Berufskrankheit als an einem Berufsunfall. Dies hat vor allem einen Grund: Asbest. «Ein Plättlileger, der vor 35 Jahren mit Asbest in Kontakt kam, kann heute einen bösartigen Tumor am Brustfell bekommen und daran sterben», erklärt Christian Michel vom Unfallversicherer Suva.

Ein Beispiel aus dem Arbeitsalltag ist, dass bei Arbeiten in der Höhe immer mehr Hubarbeitsbühnen zum Einsatz kommen. Diese haben das Arbeiten auf Leitern vielerorts abgelöst. Hallenleiter Stefan Oppliger führt als Beispiel die Fensterreinigung an: «Früher ist die Reinigungskraft aus dem Fenster raus gelehnt, heute werden die Fenster von aussen per Hubarbeitsbühne gereinigt.»

Arbeiter bedienen Hebebühne in Lagerhalle.
Legende: Ausbildungen mit Hubarbeitsbühnen werden in Zofingen unter anderem vom Verband organisiert, der für die Berufsbildung in der Logistikbranche verantwortlich ist. SVBL

Arbeiten mit Hubarbeitsbühnen statt auf Leitern ist auch bei der Baumpflege, der Fassadenreinigung oder bei Reparaturen an einer Strassenlampe normal geworden.

Doch wer mit einer Hubarbeitsbühne arbeiten will, braucht eine Ausbildung. Deshalb profitiert die Ausbildungshalle in Zofingen von solchen Vorschriften zur Arbeitssicherheit. Genauso wie dem Bedürfnis, Rettungsübungen in der Höhe in einem gesicherten Umfeld zu absolvieren, wie es die Männer von Cablex hier regelmässig tun.

Die Ausbildungshalle in Zofingen

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Hinter dem Ausbildungsangebot in Zofingen steht die Firma INRA Group. Sie installiert Rohrsysteme in der chemischen Industrie, der Lebensmittelbranche oder in Abwasserreinigungsanlagen.

Die Rohre werden dabei oft aussen an Gebäuden verlegt, was Arbeiten in der Höhe nötig macht. Um die eigenen Angestellten und temporäre Angestellte selber zu schulen, hat das Unternehmen die Halle in Zofingen dauerhaft gemietet.

«Es ist eine Investition, die sich lohnt», sagt Ausbildungsleiter Timm Schneider. «Stellen Sie sich vor, wir haben Mitarbeiter, die zwar auf der Baustelle sind, aber nicht in der Höhe arbeiten dürfen. Solche Leerläufe sind weitaus teurer als die Ausbildungen hier durchzuführen.»

Neben den eigenen Mitarbeitenden führen verschiedene Firmen, Verbände und Feuerwehren Übungen und Ausbildungen in der Halle durch.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 18.7.25, 6:31 Uhr ; 

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