Zum Inhalt springen

Staatsanwaltschaft ermittelt Dubiose Machenschaften mit Sportwetten von Swisslos

  • In Basel laufen Strafverfahren im Zusammenhang mit Sporttip-Wetten. Wettverkäufer nutzten Lücken im System.
  • Die Aufsichtsbehörde schliesst Geldwäscherei nicht aus. Denn Wetten können anonym abgeschlossen werden.
  • Die Lotteriegesellschaft Swisslos will anonymes Wetten weiter erlauben.

Sie stehen in Kiosken, Bars oder anderen Verkaufsstellen: Sporttip-Automaten der Lotteriegesellschaft Swisslos. Wer gewinnt ein Fussballspiel? Welches Team schiesst das nächste Tor? An den Automaten können verschiedenste Wetten abgeschlossen werden – anonym: Im Gegensatz zum Online-Angebot von Sporttip ist an Verkaufsstellen kein Ausweis nötig. Gewinne bis 1000 Franken werden anonym ausgezahlt.

Die Anonymität aber wurde missbraucht: Die baselstädtische Staatsanwaltschaft bestätigt Recherchen von SRF: Sie führt mehrere Strafverfahren wegen Unregelmässigkeiten bei Swisslos-Sportwetten.

Umsätze bei Sporttip sind explodiert

Box aufklappen Box zuklappen

Mit dem neuen Geldspielgesetz erhielten die interkantonalen Lotteriegesellschaften Swisslos und Lotérie Romande 2019 deutlich mehr Möglichkeiten bei Sportwetten. Bei Swisslos haben sich seither die Spielerträge mehr als verachtfacht (Vergleich zwischen 2018 und 2024).

Nicht erklärbare Zunahme in Basel

Geradezu explodiert sind die Zahlen im Kanton Basel-Stadt, wo seit 2019 eine Zunahme um den Faktor 25 verzeichnet wurde. Wegen der auffälligen Zunahme wurden Swisslos und die Aufsichtsbehörde Gespa auf Unregelmässigkeiten aufmerksam. Die Marktentwicklung in Basel sei «mit normalem Kunden- und Konsumverhalten teilweise nicht erklärbar», schreibt die Gespa.

Online gilt Ausweispflicht

Swisslos vertreibt ihr Sportwetten-Produkt «Sporttip» über rund 4000 private Verkaufsstellen in der Deutschschweiz und im Tessin. Gewettet werden kann auch online – dort allerdings gilt eine Identifikationspflicht: Nutzerinnen und Nutzer müssen einen amtlichen Ausweis hochladen, um online Wetten abschliessen zu können.

Verkaufsstellen im Visier

Im Fokus stehen private Betreiber von Sporttip-Verkaufsstellen. Der Schwerpunkt liegt in Basel, doch Verdachtsfälle gibt es auch in anderen Regionen. Betreiber von Verkaufsstellen sollen selbst Wetten abgeschlossen haben.

Wir schliessen Geldwäscherei nicht aus.
Autor: Manuel Richard Direktor Geldspielaufsicht

Pro Wette blieben sie unterhalb von 1000 Franken. Sie kassierten die Swisslos-Verkaufsprovision von fünf Prozent. Und weil sie Wetten mit kleinem Risiko abschlossen, verdienten sie unter dem Strich Geld.

Geldwäscherei mit Sportwetten?

Und es kommt ein noch gravierenderer Verdacht hinzu: «Wir schliessen nicht aus, dass die Anonymität für Geldwäscherei genutzt wurde oder wird», sagt Manuel Richard. Er leitet die interkantonale Geldspielaufsicht (Gespa). An den Verkaufsstellen könnte mit Geldern kriminellen Ursprungs gewettet worden sein. So liesse sich Geld «waschen».

Ein Wettautomat von Sporttip
Legende: Um sie geht es: Sporttip-Wettautomaten von Swisslos. Sie stehen in rund 4000 privaten Verkaufsstellen wie Kiosken, Bars oder Wettlokalen. SRF

Swisslos wusste laut eigenen Angaben nicht, dass Strafverfahren eröffnet wurden. Direktor Roger Fasnacht taxiert die ihm bekannten Vorkommnisse lediglich als «unlauteres Verhalten». Man sei von selbst auf knapp 15 Verkaufsstellen aufmerksam geworden. Die Betreiber hätten eine Lücke im Risiko-Management ausgenutzt. Swisslos habe diese nun geschlossen – unter anderem mit zusätzlichen gezielten Limiten im Wettbetrieb.

Aufsicht will Massnahmen – Swisslos lehnt ab

Die Aufsichtsbehörde Gespa allerdings will weitere Massnahmen. Sie möchte ein Verbot für Betreiber von Verkaufsstellen, im eigenen Lokal selbst Wetten abzuschliessen. Swisslos-Direktor Fasnacht lehnt dies aber ab: «Ein Verbot ist kaum umsetz- und überprüfbar. Es kann direkt oder mit Hilfe von Strohmännern umgangen werden.»

Eine Identifikationspflicht wäre unverhältnismässig.
Autor: Roger Fasnacht Direktor Swisslos

Uneins sind sich Swisslos und die Geldspielaufsicht auch beim anonymen Wetten. «Mit den jetzigen Regeln kann man anonym fast unbeschränkt Wetten abschliessen und sich Gewinne auszahlen lassen», kritisiert Gespa-Direktor Richard: «Das ist aus unserer Sicht ein Risiko.»

Swisslos wiederum hält eine Identifikationspflicht für unverhältnismässig. Roger Fasnacht verweist auf bereits getroffene Massnahmen: «Diese wirken.» Die meisten der 15 auffälligen Verkaufsstellen hätten den Vertrieb von Sporttip-Wetten eingestellt.

Aufsicht schaltet den Bund ein

Das Klima zwischen Swisslos und Aufsicht scheint belastet (siehe Box unten). Die Gespa kann Swisslos weder die Identifikationspflicht noch ein Spielverbot für die Betreiber von Verkaufsstellen vorschreiben. Deshalb, und wegen des Verdachts auf Geldwäscherei, hat die Aufsicht das Bundesamt für Justiz eingeschaltet. Dieses schreibt: Man prüfe zurzeit, ob die heutige Regulierung genüge.

Vernachlässigt Swisslos die Geldwäscherei-Meldepflicht?

Box aufklappen Box zuklappen

Die Geldspielaufsicht Gespa übt in ihrem aktuellen Tätigkeitsbericht Kritik an den Lotteriegesellschaften Swisslos und Lotérie Romande und ihrem Umgang mit Geldwäscherei-Verdachtsfällen. Die Lotteriegesellschaften müssen bei Zweifeln an der rechtmässigen Herkunft von Vermögenswerten zwingend Meldung bei der Meldestelle für Geldwäscherei erstatten. Doch die Lotteriegesellschaften würden auffällige Sachverhalte «nur mit einer gewissen Zurückhaltung» melden, schreibt die Gespa.

Swisslos «zögerlich» bei Geldwäscherei-Meldung

Swisslos habe im vergangenen Jahr eine Meldung zu Vorkommnissen an mehreren Verkaufsstellen erst dann gemacht, nachdem die Gespa angekündigt hatte, selbst Meldung zu erstatten. Swisslos-Direktor Roger Fasnacht weist die Kritik zurück: «Dass die Erstattung einer Meldung zögerlich erfolgte, ist eine subjektive Einschätzung der Aufsichtsbehörde, die wir nicht teilen.»

Mehr dazu im «Rendez-vous»

Box aufklappen Box zuklappen

Mehr zum Thema hören Sie heute um 12:30 Uhr im «Rendez-vous» auf SRF 1 und SRF 4 News.

Rendez-vous, 22.8.2025, 12:30 Uhr; wilh

Meistgelesene Artikel