Wenn die Temperaturen steigen, dann zeigt sich an Schweizer Seen und Flüssen vielerorts das gleiche Bild: Das Wasser wird von Hitzegeplagten gestürmt. So auch die Aare in der Stadt Solothurn. An heissen Sommertagen tummeln sich im Fluss Schwimmerinnen, Gummiböötler und Motorschiffe.
In den letzten Jahren gesellten sich dazu immer mehr Leute auf dem Stand-up-Paddle (SUP). Einen richtigen Boom gab es 2020, als im Corona-Sommer viele das Steh-Paddeln entdeckten. Vermieter von Brettern und Touren-Anbieter lancierten Angebote, der Kanton baute eigens einen Steg für den Einstieg in den Fluss. Tourismus, Polizei und auch Kursschifffahrt waren zufrieden. Alles problemlos, hiess es.
Nach dem Frust der «Kompromiss»
Ende Sommer der Schock für alle Paddel-Fans: Der Kanton verbietet Stand-up-Paddlen auf der Aare bei Solothurn. Ein grosser Abschnitt von Lüsslingen bis Flumenthal ist nationales Schutzgebiet, Fahren mit «Drachensegelbrettern» und ähnlichen Gefährten war dort bereits verboten. Seit letztem Herbst zählt der Kanton Solothurn auch SUP dazu.
Das Unverständnis bei den Paddlern war gross. Ihr Sport soll verboten sein, während Gummi-, Ruder- und Motorboote weiterhin auf dem gleichen Abschnitt fahren dürfen?
Nun die Wende: Der Kanton Solothurn erlaubt Stand-up-Paddles teilweise auch in den Naturschutzgebieten. Damit die Vögel dort möglichst wenig gestört werden, müssen sich die Paddler aber hinsetzen und dürfen nur in der Mitte des Flusses fahren. Ein «Kompromiss für Mensch und Tier».
Sitzende Stand-up-Paddler wirkten auf die Wasservögel weniger bedrohlich als stehende Menschen, sagt Rolf Manser, Chef des zuständigen Amtes. Unter dem Slogan «Sit-Down statt Stand-Up» will er die neue Regelung bekannt machen.
Niemand ist zufrieden
Kein Verständnis für diese Regelung hat Roland Thomke, Initiator der Vereinigung Pro SUP-Schweiz. Diese vertritt laut eigenen Angaben die Interessen von rund 400 regionalen SUP-Sportlerinnen und kommerziellen Anbietern. Das Verbot beruhe auf einer falschen Rechtsgrundlage. Die angeblich wissenschaftlich erbrachten Nachweise, dass SUP die Vögel stören, existierten nicht, so Thomke. «Es gibt keinen Grund, Stand-up-Paddler einseitig gegenüber anderen Wasserbenützern einzuschränken.»
Ins gleiche Horn bläst Jürgen Hofer, Direktor von Region Solothurn Tourismus. Die Sportart Stand-up-Paddle trage das «Stehen» ja bereits im Namen. Der Kanton habe für seine Regelung nicht mit den Betroffenen zusammen gearbeitet. Es brauche einen runden Tisch mit allen Betroffenen.
Keine Freude am «Kompromiss» hat auch Thomas Lüthi, Vize-Präsident von Bird Life Solothurn. Die Regelung diene niemandem, sagt der Vogelschützer. Lüthi bezweifelt, dass sie die SUP-Sportler die Regeln einhalten. «Sitzend auf einem Stand-up-Paddle, das stelle ich mir so vor, wie Velofahren und dabei das Velo stossen.» Zudem werde mit der Regelung der Schutz der Vögel im betroffenen Abschnitt des Flusses ja doch beschnitten. Das Problem sei ursprünglich nur deshalb entstanden, weil der Kanton Solothurn hier vor einigen Jahren Motorbootfahren erlaubt habe.
Die umstrittene Sitz-Vorschrift auf der Aare für einen Sport, den man normalerweise im Stehen ausübt, gilt bis längstens 2024. Bis dahin will der Kanton Solothurn das Schutzgebiet überprüfen, insbesondere, ob es weiterhin als Überwinterungsplatz für Wasservögel nötig ist.