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Dichtestress am Himmel
Aus Echo der Zeit vom 26.08.2018. Bild: Keystone
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Stau am Himmel und Boden «Der Himmel ist voll»

Stau am Himmel und am Boden – so könnte man den Sommer der Flugbranche beschreiben. Airlines melden Rekorde bei den Passagierzahlen und haben ganz offensichtlich ihre liebe Mühe, die stetig wachsende Zahl von Flugreisenden zufrieden und vor allem pünktlich an die gewünschte Destination zu fliegen.

SRF News hat mit dem Aviatik-Experten Stefan Eiselin gesprochen. Über Dichtestress am Himmel, Flugbillette zu Schleuderpreisen und die strittige Idee einer Flugverkehrssteuer.

Stefan Eiselin

Stefan Eiselin

Journalist

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Stefan Eiselin ist Journalist und Chefredaktor des Aviatik-Portals Aerotelegraph.

SRF News: Herr Eiselin, wie oft sind Sie in diesem Sommer geflogen?

Stefan Eiselin: Ich war in diesem Sommer wie viele Leute im Süden, in Griechenland, und dann bin ich beruflich vielleicht noch zwei Mal geflogen.

Stets pünktlich angekommen?

Mehr oder weniger pünktlich. Inzwischen ist man sich ja ein bisschen an Verspätungen gewöhnt. So eine halbe Stunde zu spät, das hält man dann wahrhaftig für pünktlich.

Warten auf vollen Flughäfen, Warten auf verspätete Flugzeuge. Und dann gelangt man noch zu spät ans Ziel. Eigentlich ist es doch erstaunlich, dass die Leute nicht schon lange die Nase voll haben vom Fliegen.

Absolut. Das ist etwas, was unangenehm ist. Und darum ist es auch ein Thema, das die Fluggesellschaften interessiert. Verspätungen macht sie, also das Verkehrsmittel Flugzeug, unattraktiver. Das könnte sie auf Dauer Marktanteile kosten.

Europa hat ein gutes Netz von Hochgeschwindigkeitszügen.

Man sagt, die heutigen Flugpläne seien zu dicht, um pünktlich fliegen und landen zu können. Da müsste man wenigstens in Europa massiv – bis zu 50 Prozent – der Flüge streichen. Sehen sie das auch so?

Ob es jetzt diese 50 Prozent sind, kann ich nicht sagen. Tatsache ist, dass der Himmel voll ist. Dass sobald Störungen reinkommen in dieses eng getakteten System, es dann sofort Probleme gibt; dass es auch Domino-Effekte gibt, die sich in Verzögerungen und zum Teil Annullierungen auswirken.

Das heisst doch: Weniger Flugzeuge sollten fliegen.

Ich glaube, man kann nicht direkt sagen, dass es weniger Flugzeuge braucht. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, diese Kapazitätsgrenzen und Engpässe anzugehen. Weniger Flüge ist das eine. Da hat kürzlich auch die europäische Flugaufsicht Eurocontrol dazu geraten, dass man für kürzere Flüge vielleicht eher den Zug ausbaut. Europa hat ein gutes Netz von Hochgeschwindigkeitszügen. Dann könnte man sicher einiges machen.

Was man weiter machen könnte: grössere Flugzeuge einsetzen. Das machen Airlines tendenziell, das hat man in den letzten Jahren gemerkt. Dass man halt weniger Flüge macht dafür mit grösseren Flugzeugen.

Eine weitere Möglichkeit wäre, mehr Flughäfen zu bauen. Aber das ist vermutlich unrealistisch in Europa und besonders auch in der Schweiz.

Das ist sicher sehr schwierig geworden. In Europa und in den meisten Orten – vor allem in Westeuropa – hat man ja gesehen, dass wenn Ausbaupläne bestehen, es massive Opposition gibt.

Die Airlines aus den Vereinigten Arabischen Emiraten operieren sehr aggressiv mit Preisen.

Fliegen wird auch immer billiger. Billigflieger einerseits, aber neuerdings auch traditionellere Anbieter wie die Swiss bieten auch sehr tiefe Preise für Flüge an. Vielleicht auch weil die Passagiere nicht die ganzen Kosten tragen, Umweltkosten zum Beispiel. Müsste das sich ändern?

Das ist sicher ein Punkt, den man anschauen muss. Fliegen ist massiv billiger geworden in den letzten 20, 30 Jahren. Auch vor allem seit der europäische Binnenmarkt aufgekommen ist, in dem neue Geschäftsmodelle möglich geworden sind, in dem also die Konkurrenz gestiegen ist. Das sieht man hier am Luftverkehrsmarkt ganz extrem, wie die Preise gesunken sind. Und das treibt die Nachfrage an.

Wie Sie richtig sagen, sind nicht alle Kosten darin enthalten. Die Umweltkosten werden nicht alle abgegolten. Es gibt ja in einigen Ländern auch eine Luftverkehrssteuer, die diese Effekte etwas abfedern soll. Das Schwierige daran ist, dass wenn in den Ländern unterschiedliche Ansätze, Preise oder Steuersätze, herrschen, dies gewisse Airlines benachteiligen kann. Ein idealer Ansatz wäre, wenn so ein Ansatz europaweit oder sogar weltweit eingeführt würde. Und das wiederum ist extrem schwierig, weil es ein total umkämpfter Markt ist. Wir haben beispielsweise auch die Airlines aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, die sehr aggressiv mit Preisen operieren. Da könnte man natürlich auch die heimischen Airlines negativ belasten.

Die Mühlen mahlen halt langsam.

Sie haben eine Problemanalyse vorgenommen und verschiedene Lösungen aufgezeigt. Trotzdem kann der Eindruck bleiben, dass alles bleibt, wie es jetzt ist. Oder sehen Sie, dass man tatsächlich konkret etwas dagegen unternimmt, dass etwa im nächsten Sommer nicht wieder das gleiche Chaos im Himmel herrscht?

Ich glaube, da läuft schon was, auch hinter den Kulissen. Da läuft auch auf europäischer Ebene viel. Nur: Diese Mühlen mahlen halt langsam. Zum Beispiel die Ausbauprojekte, die wir schon erwähnt haben. In London etwa ist das seit 15 bis 20 Jahren ein Thema. Bis das dann aber wirklich umgesetzt wird, braucht das sehr lange. Es gibt keine schnelle Lösung.

Das Gespräch führte Beat Soltermann.

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