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Strafvollzug Sterbehilfe im Gefängnis: Kantone sagen Ja

Schwerkranke Gefangene sollen Sterbehilfe in Anspruch nehmen können. Das haben die Justizdirektorinnen- und -direktoren entschieden. Bei den Details sind sie sich aber noch uneinig.

Der verwahrte Sexualstraftäter Peter Vogt hat die Diskussion um Sterbehlilfe im Strafvollzug ausgelöst. Vor zwei Jahren sagte er der «Rundschau» von SRF, er wolle nicht mehr weiterleben. Als Grund dafür machte er eine Lungenkrankheit und seine Persönlichkeitsstörung geltend.

Die Justizbehörden betraten Neuland – und mussten handeln. Das Schweizerische Kompetenzzentrum für den Justizvollzug (SKJV) arbeitete danach für die Kantone ein Grundlagenpapier aus. Die Universität Zürich verfasste ein Gutachten zu den rechtlichen Fragen. Schliesslich konnten sich die Kantone äussern.

«Gefangene nicht weiter einschränken»

Der Aargauer Justizdirektor Urs Hofmann (SP) ist Präsident der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren KKJPD. Er sagt gegenüber SRF, die Kantone seien zum Konsens gekommen, den assistierten Suizid im Freiheitsentzug zu ermöglichen: «Es gibt den Grundsatz, dass die Freiheit der Gefangenen nicht weiter eingeschränkt werden soll, als dies aufgrund des Strafvollzuges notwendig ist. Das führt dazu, dass man auch Gefangenen, die schwer krank sind, krebskrank zum Beispiel, das ermöglichen sollte.»

Der Präsident der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren KKJPD Urs Hofmann.
Legende: «Die Freiheit der Gefangenen soll nicht weiter eingeschränkt werden», sagt Urs Hofmann,Präsident der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren KKJPD SRF

Das Thema Sterbehilfe und die Voraussetzungen für eine Freitodbegleitung werden kontrovers diskutiert. Im Strafvollzug ist die Diskussion noch emotionaler. Geht es bei der Strafe nicht auch um Sühne? Kann ein Präzedenzfall plötzlich andere Gefangene inspirieren, eine Freitodbegleitung zu beantragen?

Reicht eine psychische Erkrankung?

In vielen Punkten sind sich die Kantone nicht einig. Etwa bezüglich der Zuständigkeiten, also wer ein Gesuch bewilligt. Oder auch beim Ablauf oder beim Sterbeort, ob dieser in der Anstalt oder extern sein soll. Schwierigster Punkt aber sind die Voraussetzungen für einen assistierten Suizid. Die Frage etwa, ob auch eine psychische Erkrankung genügt.

«Das ist, wie auch ausserhalb des Strafvollzugs, nicht gesetzlich geregelt», sagt Urs Hofmann. «Bei Gefangenen ist es besonders schwierig, der Staat hat hier eine zusätzliche Fürsorgepflicht und allein der Umstand der Inhaftierung kann auch meines Erachtens nicht dazu führen, dass man einen begleiteten Freitod erlaubt.»

Braucht es Gesetze?

Für die konkrete Umsetzung sind die Kantone zuständig. Sie müssen, sollte es ein entsprechendes Gesuch geben, wissen, wie sie damit umgehen. Und sie müssen herausfinden, ob es zur Regelung der offenen Fragen eine gesetzgeberische Lösung braucht.

Tagesschau, 26.09.2020, 13.00 Uhr

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