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Stromkonzern unter Druck Soll die Axpo stärker kontrolliert werden?

Die Leitung des grössten Schweizer Energieunternehmens steht in der Kritik. Das Zürcher Kantonsparlament prescht vor.

Der Axpo weht teilweise ein rauer Wind entgegen, seit der Bund einen Rettungsschirm von vier Milliarden Franken aktiviert hat. Jetzt erhöhen Zürcher Parteien den Druck auf das Energieunternehmen. Denn der Kanton Zürich und seine Elektrizitätswerke sind die grössten Eigentümer der Axpo. Sie besitzen rund einen Drittel der Aktien.

Wem gehört die Axpo?

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Die Aktionäre des Stromkonzerns sind die nordostschweizerischen Kantone und ihre Elektrizitätswerke:

  • Kanton Zürich und EKZ (rund 36.5%)
  • Kanton Aargau und AEW Energie (rund 28%)
  • St. Gallisch-Appenzellische Kraftwerke (rund 12.5%)
  • EKT Holding (Kanton Thurgau, rund 12%)
  • Kanton Schaffhausen (rund 8%)
  • Kanton Glarus (rund 2%)
  • Kanton Zug (rund 1%)

Politikerinnen und Politiker haben am Montag im Kantonsparlament mehrere Vorstösse eingereicht. Dafür schrecken linke Parteien auch vor einer «unheiligen Allianz» mit der SVP nicht zurück. Eine ihrer Forderungen: Der Kanton Zürich müsse die Axpo stärker beeinflussen können. Mindestens ein Zürcher Regierungsrat soll im Verwaltungsrat sitzen.

Es kann nicht sein, dass die Axpo die Energieproduktion im Inland vernachlässigt.
Autor: Martin Hübscher Fraktionspräsident SVP Zürich

«Die Politik soll die Strategie des Unternehmens wieder bestimmen», sagt Martin Hübscher. Der SVP-Fraktionspräsident nimmt Bezug auf ausländische Handelsgeschäfte der Axpo. «Es kann nicht sein, dass sie sich darauf fokussiert und die Energieproduktion im Inland vernachlässigt.» Die Stromproduktion hierzulande müsse ausgebaut werden. SP, AL, EVP und die Mitte unterstützen den Vorstoss.

Neu wäre eine solche Regelung nicht. Schon früher war die Zürcher Regierung im Verwaltungsrat der Axpo vertreten. 2017 verliessen die letzten Regierungsräte aber die Leitung. Seither besteht der Verwaltungsrat aus Fachleuten.

Dies sei von Vorteil, sagt Axpo-Konzernchef Christoph Brand. «Wir haben heute im Verwaltungsrat ausgewiesene Experten des Handels. Sie stellen uns vom Management auch die schwierigsten Fragen.» Zwar sei dies unangenehm, aber wichtig fürs Unternehmen.

Weniger Handel an der Strombörse

Ein zweiter Vorstoss betrifft die Versorgung des Kantons Zürich. Derzeit verkauft die Axpo ihren Strom am freien Markt. In Zukunft soll sie vermehrt direkt Energie für den Kanton Zürich produzieren.

Das Axpogebäude
Legende: Die Axpo ist das grösste Energieunternehmen der Schweiz. Keystone / Michael Buholzer

Auch diese Forderung erinnert an ein früheres Modell: In der Vergangenheit lieferte die Axpo Strom an die Eigentümerkantone. In Verträgen war die Menge geregelt. Und die Kantone garantierten eine Abnahme. Doch als der Bund den Strommarkt 2009 öffnete, änderte sich die Situation. Die Elektrizitätswerke kauften den Strom an der Börse zum günstigsten Preis.

Aufspalten als Lösung

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Einen Mittelweg für den Verwaltungsrat regt ElCom-Präsident Werner Luginbühl an: «Persönlich bin ich der Meinung, dass ein guter Mix wahrscheinlich die beste Lösung bringen würde. Dass wirklich das nötige Know-how, das fachliche Know-how, vertreten ist, aber die Politik und die Rolle der Kantone muss im Verwaltungsrat auch vertreten sein», so Luginbühl in der Sendung Eco Talk.

Auch die Struktur des Stromkonzerns steht zur Debatte. Christoph Schaltegger, Professor für Politische Ökonomie an der Universität Luzern, regt eine Aufspaltung an. Und zwar nach folgendem Vorgehen: «Indem man definiert, was zum systemrelevanten Bereich gehört, Produktion und Verteilung. Und dass man den Rest, den die Stromunternehmen heute noch bereitstellen als ein überdimensionierter Stromhandel oder weitere Aktivitäten, dass man dieses abstösst, im privaten Markt lässt. Und das braucht dann auch für diesen Teil keinen staatlichen Rettungschirm», so Schaltegger gegenüber der «Tagesschau».

Mehr Sicherheit dank fixen Verträgen?

Davon wünschen sich die Kantonsrätinnen und Kantonsräte nun eine Abkehr. Ihr Argument: Fixe Verträge zwischen der Axpo und den Zürcher Elektrizitätswerken führten zu mehr Sicherheit. «Die Axpo müsste nicht mehr den ganzen Strom über die Börse veräussern, sondern könnte einen Teil direkt verkaufen», sagt SP-Kantonsrätin Rosmarie Joss. Dies minimiere finanzielle Risiken: «Ein Rettungsschirm wie jetzt wäre nicht mehr notwendig.»

Die Axpo könnte einen Teil des Stroms direkt verkaufen.
Autor: Rosmarie Joss Zürcher SP-Kantonsrätin

Interessant findet der Zürcher Regierungsrat Martin Neukom die Idee eines direkten Handels. Doch es gäbe viele juristische Hürden. «Durch die Liberalisierung des Strommarktes haben sich die Regeln geändert.» Eine Umsetzung wie im Vorstoss gefordert sei nicht möglich. Die Stossrichtung unterstütze er allerdings.

Noch hat der Kantonsrat die Postulate nicht diskutiert. Doch sie sind politisch breit abgestützt und mehrheitsfähig. Der Zürcher Regierungsrat wird sich also mit den Forderungen rund um die Axpo beschäftigen müssen.

Schweiz aktuell, 19.09.22, 19 Uhr ; 

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