Wer sind all die Imame, die in den Moscheen hierzulande wirken und predigen? Mit dieser Frage hat sich das Schweizerische Zentrum für Islam und Gesellschaft an der Universität Freiburg befasst. Zu Recht, sagt Hansjörg Schmid, Professor und Direktor des Zentrums.
«Imame sind Schlüsselpersonen in den muslimischen Gemeinden. Als Prediger und Lehrer prägen sie massgeblich die Auslegung und Verständnis des Islams. Sie sind zudem wichtig für die Aussenbeziehungen».
Extremisten in der Minderheit
Fälle wie der des inzwischen freigestellten Imams von Kriens (LU) würden die Bevölkerung verständlicherweise empören. Gleichzeitig mahnt Schmid, dass man nicht alle Prediger in den gleichen Topf werfen dürfe.
Die Extremisten seien unter den rund 130 Imamen in der Schweiz klar in der Minderheit. «Bei den Problemfällen handelt es sich meist um isolierte Moscheen. Je stärker die Moscheen eingebunden sind, desto weniger solcher Fälle gibt es.»
Dank Netzwerken mit islamischen Dachorganisationen, christlichen Kirchen und politischen Gemeinden gebe es eine grössere Kontrolle. Ein Argument dafür, den Dialog mit den islamischen Gemeinschaften fortzusetzen und zu verstärken.
Attraktive Bedingungen in Saudi-Arabien
Doch auch wenn Hassprediger in der Schweiz selten sind, gibt es immer wieder Unbehagen darüber, dass hierzulande tätige Imame zum Teil in Ländern ausgebildet wurden, in denen eine strenge Form des Islam propagiert wird. Das ist auch in der Studie ein Thema. «Ein Dutzend Imame haben in Saudi-Arabien studiert. Meist handelt es sich um Imame aus dem Balkan. Wir müssen uns fragen, was die Motivationen dahinter sind.»
Die meisten dieser Imame seien nämlich nach Saudi-Arabien gegangen, weil es dort attraktive Stipendien für ausländische Religionsstudenten gebe, weil sie dort gut arabisch lernen konnten oder weil sie in der Nähe der heiligen Stätten Mekka und Medina sein wollten. Und nicht, weil sie Anhänger einer fundamentalistischen Auslegung des Islams seien. Aber: «Es ist wünschenswert, dass Imame in Zukunft dort studieren, wo es eine Auseinandersetzung mit der Vielfalt zeitgenössischer, theologischer und gesellschaftlicher Diskurse gibt».
Zusammenarbeit fördern
Dass man Imame von A bis Z in der Schweiz ausbilden sollte, wie es manche fordern, hält Schmid für unrealistisch. Dafür sei das Land zu klein. Aber die Schweiz könnte stärker mit Hochschulen in Deutschland und Österreich zusammenarbeiten, wo es bereits Studiengänge für islamische Theologie gibt.
Vor allem könnten sich die Schweizer Universitäten bemühen, künftigen Imamen ergänzende Ausbildungen anzubieten. «Auch in Zukunft werden in der Schweiz tätige Imame in anderen Ländern studieren. Etwa in der Türkei ein Bachelor-Programm und in der Schweiz ein Master-Programm machen.» So könne das erworbene theologische Wissen in der Schweiz noch stärker kontextualisiert werden.
Es gebe schon jetzt einzelne junge Imame, die genau einen solchen kombinierten Ausbildungsweg absolviert hätten. Und das gelte es auszubauen.